: Zu Tisch mit Europas Schmetter-Elite
Der TV Busenbach hat sich nach nur drei Jahren in der Bundesliga zum Spitzenteam des deutschen Frauen-Tischtennis gemausert und ist auch heute im Europacup-Halbfinale gegen den niederländischen Klub TTV Den Helder favorisiert
KARLSRUHE taz ■ „Wir sind ein bisschen zum Vorzeigeklub geworden“, sagt Manager Roland Haug stolz: „In Deutschland und vielleicht auch schon in Europa.“ Tatsächlich ist der kleine Dorfverein TV Busenbach dabei, sich recht nachhaltig auf der sportlichen Deutschlandkarte einen Eintrag zu sichern – in der Tischtennis-Bundesliga der Frauen führt der Verein aus dem Umland von Karlsruhe die Tabelle an und im Europapokal steht man heute im Halbfinale gegen den niederländischen TTV Den Helder. Als „vorgezogenes Endspiel“ hatte selbst TVB-Macher Haug das Viertelfinale gegen den USO Mondeville (3:2) bezeichnet. „Es muss immer erst gespielt werden, doch gegen Helder haben wir die Favoritenrolle.“
Mit Galina Melnik bieten die Niederländer eine russische Auswahlspielerin auf, die den Busenbacherinnen im Bundesliga-Halbfinale gegen den FSV Kroppach noch die Finalträume vermasselte. Zuletzt schlug man jedoch auch den ewigen Konkurrenten. „Wir brauchen uns vor Kroppach und Meister Langweid nicht mehr zu verstecken“, so Haug. Drei Jahre ist man erst in Liga eins. „Das hat sich hier einfach entwickelt“, erklärt Haug das Märchen vom Provinzverein, der die Tischtennis-Szene durcheinander wirbelt. „Mittlerweile haben wir in ganz Europa und sogar in China gute Kontakte, unsere Spielerinnen empfehlen uns weiter“. Spitzenkräfte fragen schon von sich aus an – erst neulich habe man einer Chinesin abgesagt, die vor kurzem noch zu den Top fünf der Welt zählte.
Der umtriebige Haug – im Brotberuf Polizist – wacht über die Finanzen und sucht ständig nach neuen Quellen. Einen großen Geldgeber gibt es nicht. Über 100 kleine und mittlere Sponsoren habe man, erklärt er: „Unsere Philosophie ist, uns nicht von einem Hauptsponsor abhängig zu machen.“ Geradezu rührend nehmen sich bei den Heimspielen die unzähligen Werbetransparente aus – der örtliche Schlosser, die Pizzeria, die Autowerkstatt.
Besonders die starke Trainingsgruppe hat dem Klub zu einem guten Klang in der Branche verholfen. Die Spielerinnen werden nicht nur zum Wettkampf eingeflogen, wie sonst oft üblich, sondern sind fast komplett für die tägliche Trainingsarbeit mit Coach Petr Nedoma vor Ort. Sechs Akteurinnen hat der 34-jährige Tscheche, der seinen Dienst im Sommer antrat, im Kader. „Nedoma hat bereits jetzt unter Beweis gestellt, dass er dem Team seinen Stempel aufdrücken kann“, ist der Manager voll des Lobes: „Das sieht man an der Leistungssteigerung von Toth oder Han Ying.“
Mit der Verpflichtung der Chinesin Han Ying (20) landete Haug einen echten Coup. Die grazile Abwehrspielerin bietet dem Trainer eine taktische Alternative und bereichert mit ihrer Defensivkunst gleichzeitig die Trainingsgruppe. Vor allem die Busenbacher Nummer eins hat dadurch profitiert – nach drei Jahren konnte Krisztina Toth endlich wieder einmal Kroppachs Jie Schöpp bezwingen, und auch das entscheidende Spiel im Europacup-Viertelfinale gewann die Ungarin gegen eine Abwehrspielerin. Mittlerweile hat die 29-Jährige in der Weltrangliste einen Sprung auf Platz 16 gemacht.
Auch die deutschen Nationalspielerinnen Laura Stumper und Elke Wosik fahren Sieg um Sieg ein. Die 30-jährige Wosik erlebt in Busenbach so etwas wie einen zweiten Frühling – gerade wurde sie nach ihrer vierten Qlympia-Qualifikation zur „deutschen Tischtennisspielerin des Jahres“ gewählt. In der Hinrunde spielte sie teilweise sogar trotz einer Fußverletzung, mit Spritzen. „Das bin ich meinem Publikum schuldig“, meinte sie lapidar.
Tatsächlich birgt die Kulisse im altehrwürdigen Kurhaus eine gewisse Spezifik, auch wenn die Kronleuchter, in denen sich letzte Runde beinahe noch die Aufschläge der Altinternationalen Csilla Batorfi verfingen, abgehängt wurden. Der TVB ist mit knapp 500 frenetischen Fans im Schnitt absoluter Zuschauer-Krösus. „Mit Busenbach deutscher Meister werden“, gibt die vielfache Europameisterin Toth so auch als eines ihrer verbliebenen Ziele an. Dass ein Titel erst für das Vereinsjubiläum 2005 offiziell auf der Agenda steht, ist bei der anhaltenden Euphorie in Busenbach längst nicht mehr bindend. KLAUS TEICHMANN