zwischennutzung : Palastgegner wieder im Rennen
Bisher galt als ausgemacht, dass sich Geschichte allenfalls als Farce wiederholt. Nur Berlin kann noch mehr: Hier wiederholt sich die Farce als Quatsch-Comedy. Anders lässt sich der jüngste Streit um den Palast der Republik nicht mehr titulieren.
Gastkommentar von WOLFGANG KIL
In ihrer ideologischen Begründungsnot hatten sich die Gegner des DDR-Relikts im Herzen der neudeutschen Hauptstadt auf die politisch unverdächtige „Todesfaser Asbest“ versteift. Doch obwohl der Demonstrationsrückbau bald groteske Züge trug, stieß der Entsorgungsfuror an die übliche Grenze: Für einen Neubau fehlte schlicht das Geld. Das Resultat: ein so gigantisches wie blankgeputztes Stahlgerüst, von dem Künstler, Theatermacher und Musiker in aller Welt schon immer träumten.
Wenn es denn sonst schon irre teuer war, dann kam Berlin wenigstens zu dieser unverhofften Attraktion: So dachte auch der Verein „ZwischenPalastNutzung“. War sein Konzept doch erstens ein ersehnter Befreiungsschlag im tot gelaufenen Hickhack der Ost-West-Befindlichkeiten rund um diesen Ort. Zweitens eröffnete sich den eher konzeptarmen Schlosskritikern endlich eine Phase der Ideenfindung, die von vornherein mehr im Auge hatte als ein weiteres privatisiertes Stück Stadtmitte.
Aber hatte Senator Strieder nicht rechtzeitig davor gewarnt, man möge jetzt, da der Erinnerungswert der Ruine gegen Null gesunken sei, keine neuen „Gewöhnungstatbestände“ zulassen? Ein holder Naiver, wer meint, die Palastverächter gäben endlich Ruhe. Sie hatten einen Rückschlag zu verwinden, nun sind sie wieder im Rennen.
Doch für bürgerschaftliche Initiativen ist eine solche Quatsch-Comedy auch ein Ritterschlag. Eine Obrigkeit, die sich dermaßen blamabler Tricks bedienen muss, hat bis zur Wand im Rücken offenbar wenig Platz. Man darf gespannt sein.
Der Autor ist Architekturkritiker und lebt in Berlin.