: Deutsches EU-Wissen mangelhaft
Neues Eurobarometer zeigt: Nur in zwei Ländern wissen die Menschen weniger überdie Union. Dennoch sind die Deutschen für weitere Integration und Osterweiterung
BERLIN taz ■ Die Deutschen überschätzen sich. Auf die Frage, wie sie ihren Wissensstand über die Europäische Union bewerten, wählten sie auf einer Skala von eins bis zehn einen mittleren Wert von knapp fünf. Tatsächlich jedoch beantworteten sie von fünf Fragen zur EU nur eine mehrheitlich richtig: 67 Prozent der 2.035 vom Meinungsforschungsinstitut inra befragten Deutschen wissen, dass die EU nicht kurz nach dem 1. Weltkrieg gegründet wurde. Ansonsten jedoch scheint die Union eine große Unbekannte zu sein: Nur 17 Prozent der Deutschen wissen, dass die EU mehr als 12 Mitglieder hat, nur 24 Prozent, dass sie über eine Hymne verfügt. EU-weit nehmen die Deutschen den drittletzten Platz ein, nur Briten und Holländer wissen noch weniger. Spitzenreiter dagegen sind Portugal und Luxemburg.
Die Ergebnisse stammen aus dem gestern veröffentlichten „Eurobarometer“, einer Umfrage, die die EU-Kommission seit 1973 alle sechs Monate durchführen lässt. Nachgefragt werden Meinungen zu den Institutionen und Aufgaben der Gemeinschaft sowie zur EU-Erweiterung.
Auch hier unterscheiden sich die Deutschen erheblich von den anderen Europäern. Während sich die 16.140 in den EU-Staaten Befragten für die Aufnahme von neun Kandidaten aussprechen, finden in Deutschland nur fünf Zustimmung – bei der letzten Umfrage im April 2002 waren es sogar nur drei. Zu den Favoriten Ungarn, Malta und Tschechien kommen Estland und Lettland. Für eine Aufnahme aller dreizehn Kandidaten sind lediglich 12 Prozent der befragten Deutschen. Insgesamt liegt die deutsche Befürwortung der Erweiterung allerdings bei 46 Prozent, ein Zuwachs von drei Prozent gegenüber dem Frühjahr. In der gesamten Union finden sich 52 Prozent Erweiterungsbefürworter.
Der Hauptgrund für die Zurückhaltung der Deutschen bei der Osterweiterung ist nicht etwa die Einwanderung aus Polen oder Tschechien: Eine Zunahme der Arbeitslosigkeit befürchten überraschend geringe 51 Prozent. Viel mehr kritisieren 68 Prozent der Deutschen, dass die Entscheidungen auf EU-Ebene in einer größeren Union noch schwieriger werden. Und dies passt ganz und gar nicht zu dem vielleicht überraschendsten Ergebnis der Umfrage: Die Deutschen wünschen sich eine schnellere Integration. So sprechen sich 74 Prozent für eine gemeinsame EU-Außenpolitik aus.
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