Wer hat Angst vor der Musik?

Am Montag erscheint der Mitschnitt des Silvesterkonzerts der Hamburger Philharmoniker unter Ingo Metzmacher

Am Montag erscheint die fünfte Folge von Who is afraid of 20th Century Music, des inzwischen schon traditionellen anderen Hamburger Silvesterkonzertes der Philharmoniker unter ihrem Chef Ingo Metzmacher. Da funkelt die orchestrale Brillanz selbst bei so manchem Stück, das nicht das musikalische Alltagsbrot eines solchen Orchesters ist.

George Gershwins Girl Crazy-Ouvertüre gelingt schwungvoll-mitreißend und sowohl rhythmisch wie melodisch wunderbar ausbalanciert. John Adas Lollapalooza, ein virtuoses Stück mit irrwitzigen Rhythmen und swingendem Touch, fasziniert nicht weniger. Und auch Heiner Goebbels ebenfalls gekonnt komponierte, weitaus schwieriger zu hörende Notiz einer Fanfare gelingt bestens. Genauso das Auftragswerk von Anton Plate, eine dem Hamburger Orchester auf den Leib geschriebene Orchesteretüde über die amerikanische Gospelhymne At the River. Und trotz der vielen auf Wirkung ausgerichteten Stücke bleibt ein so philosophisch anmutendes Stück wie Charles Ives The Unanswered Quetion – ruhig-flächige Streicherklänge mit fragender Trompete – nicht auf der Strecke.

Dann aber wird es wieder fast filmmusikhaft mit John Harbisons Remembering Gatsby. Hier verblüfft die raffinierte Mischung aus Bigband-Sound und gelegentlich sich selbst verzerrenden sinfonischen Klängen.

Stets zeigt sich das Orchester in blendender Spiellaune. Natürlich gibt es auch ein paar Stücke, die weniger überzeugen, aber spätestens wenn die Hamburger Musiker voller Lust Khatschaturjans Mazurka und Schostakowitschs Polka und Galopp zelebrieren, steigt die Genusskurve wieder ganz steil an. Besser geht‘s musikalisch kaum.

Jedoch wäre die CD noch empfehlenswerter, hätte man nicht die launigen, dabei aber bestens informierenden und erhellenden Live-Kommentare von Ingo Metzmacher herausgeschnitten, die er während des Konzerts am Silvestermorgen abgab. Schade drum, aber trotzdem: Diese CD ist ein Muss. Reinald Hanke