: vorlauf bühne Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Clare Boothe Luce war eine Dame, der man Haare auf den Zähnen und einen ziemlich bissigen Humor nachsagt. Sie war die erste Frau, die je US-Botschafterin wurde, Kriegsberichterstatterin und außerdem Dramatikerin. 1936 schrieb sie ein Stück mit vierzig Frauenrollen, in dem nicht ein einziger Mann die Bühne betritt. Viele dieser Damen sind schon lange nicht mehr zwanzig und gelegentlich von den Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten an ihren luxuriösen Fassaden so in Anspruch genommen, dass sie das übrige Leben nicht mehr richtig überblicken: Stoff für bitterböse Gesellschaftssatiren. Adriana Altaras, seit ihren „Vagina Monologen“ Spezialistin fürs angeschrägt Politisch-Korrekte, inszeniert „Damen der Gesellschaft“ im Maxim Gorki Theater, unter anderem mit Stars wie Katja Riemann. Désirée Nick und Cora Frost (ab Freitag). In der Volksbühne läuft noch in dieser Woche die zweite Neustadt-Staffel: heute und morgen Castorfs Dostojewski-Inszenierung „Der Idiot“, bis zum Ende der Woche dann Pollesch pur. Am Sonntag wird schon wieder Abschied gefeiert: Musikalisch mit MS John Soda, Styrofoam und Fat John. Am Sonntag hat auch in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Oliver Reeses Monologfassung des Nabokow-Romans „Lolita“ Premiere. Am Montag folgt dann im Studio des Maxim Gorki Theaters Andrea Moses Inszenierung eines Stücks des russischen dramatischen Newcomers Wassilij Sigarew, „Schwarze Milch“, eine Satire auf den neuen Kapitalismus im alten Russland. Stiller Höhepunkt in dieser Woche: Am Donnerstag wird Karl Ignaz Hennetmair im Kunstforum der Grundkreditbank aus seinem berühmten versiegelten Tagebuch von 1972 „Ein Jahr mit Thomas Bernhard“ lesen (20 Uhr).