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Archiv-Artikel

„Massiv Gewinne gemacht“

Eckard Scholz von der IG Metall Hamburg sieht im häufigen Zitieren der Finanzkrise einen Vorwand

taz: Herr Scholz, die Welt steht am Rande einer großen Wirtschaftskrise. Haben Sie sich für ihre Lohnforderung den falschen Zeitpunkt ausgesucht?

Eckard Scholz: Das glaube ich nicht. Unsere Forderung bezieht sich nicht nur auf das, was vor uns liegt, sondern auf das, was hinter uns liegt. In der Metall- und Elektroindustrie sind massiv Gewinne gemacht worden. 2007 wurde eine Nettoumsatzrendite von 5,4 Prozent erzielt – die höchste seit 37 Jahren. Da diese Gewinne durch die Kollegen erwirtschaftet worden sind, wollen diese angemessen beteiligt werden – zumal es jahrelang knappe Reallohnverluste gab.

Die Firmen sind in nächster Zeit auf Kapitalpolster angewiesen.

Wir interpretieren das häufige Zitieren der Finanzkrise als willkommenen Anlass den Forderungen der IG Metall entgegen zu treten. Die finanzielle Ausstattung der Betriebe ist gut. Die Branche hat eine Lohnquote von 16 Prozent. Wenn man unsere Forderung herunterrechnet, kommt eine Belastung von 0,8 bis ein Prozent der Umsatzkosten auf die Betriebe zu.

Subventionen für die Automobilindustrie wären demnach nicht nötig?

Die sind nicht nötig und ich würde mich freuen, wenn diese Riesenkonzerne nicht den Steuerzahler angehen würden, um ihre verfehlte Modellpolitik auszugleichen. Wenn Daimler ankündigt, statt 7,5 nur sechs Milliarden Euro Gewinn zu machen, ist das keine Katastrophe.

Sehen das die Betriebsräte bei VW und Daimler-Benz auch so?

Das wird insgesamt so gesehen.

Mal abgesehen von der Berechtigung: Ihre Lohnforderung durchzusetzen, könnte schwierig werden.

In jüngster Zeit ist massiv mit Überstunden gearbeitet worden. Wenn jetzt reduziert wird, ist das eine Verringerung auf das Normalmaß.

Das ändert nichts daran, dass ein Arbeitskampf ins Leere liefe, weil manche Unternehmen ganz froh wären, wenn ihre Mitarbeiter zu Hause blieben.

Sie können sich sicher sein, dass wir die Betriebe so auswählen werden, dass es nicht die trifft, die zurzeit keine Arbeit haben. Wir werden in die Bereiche reingehen, die gut ausgelastet sind. Davon gibt es reichlich, insbesondere im Maschinenbau. INTERVIEW: GERNOT KNÖDLER

Hinweis:ECKARD SCHOLZ, 50, ist Erster Bevollmächtigter der IG Metall Hamburg. Als Vorstandsmitglied entscheidet er mit über einen Arbeitskampf.