: Ärzte und Kassen einigen sich
Drei Wochen nach Start der Praxisgebühr werden für chronisch Kranke Ausnahmen definiert. Außerdem soll Schwerbehinderten die Fahrt zum Arzt bezahlt werden
BONN/BERLIN ap ■ Ärzte und Krankenkassen haben sich gestern darauf verständigt, welche Patienten künftig als chronisch krank gelten und deshalb weniger Zuzahlungen für ihre Behandlung leisten müssen. Auch die Übernahme von Fahrtkosten durch die Krankenkassen ist geklärt. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte, die Regelungen könnten sofort, also ab heute, in Kraft treten.
Nach der fast sechsstündigen Sitzung erklärte der Vorsitzende des Ausschusses, Rainer Hess, als chronisch krank gelte künftig der Patient, der sich in einer Dauerbehandlung befinde, die mindestens einen Arztbesuch pro Quartal erforderlich mache. Zusätzlich müsse der Patient entweder in Pflegestufe 2 oder 3 eingestuft sein oder eine Behinderung beziehungsweise Erwerbsminderung von mindestens 60 Prozent eingetragen haben.
Ausschlaggebend kann auch sein, dass ein Arzt eine kontinuierliche medizinische Versorgung für nötig hält, damit sich ein Leiden nicht lebensbedrohlich verschlimmert oder die Lebenserwartung sich verkürzt. Treffen diese Kriterien zu, muss der Patient jährlich maximal ein Prozent seines Bruttoeinkommens zu seinen Behandlungen zuzahlen. Für alle anderen gelten als Grenze zwei Prozent des Bruttoeinkommens.
Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen werden von den Krankenkassen nach dem Ausschussbeschluss dann weiter übernommen, wenn es sich um Dialysebehandlungen oder um Krebstherapien handelt. Auch hier müssen die Patienten bis zu zehn Prozent der Fahrtkosten – mindestens fünf und höchstens zehn Euro – selber zahlen. Die Regelung gilt auch für Schwerbehinderte und schwer Pflegebedürftige. Ärzte können auch bei besonders schweren Krankheiten eine Fahrtkostenübernahme anordnen, sie muss aber von der Kasse genehmigt werden.
Der Ausschussvorsitzende Hess erklärte allerdings, dass durch die „relativ großzügige Regelung“ die politischen Einsparziele der Gesundheitsreform „unter Umständen so nicht mehr eingehalten werden können“. Wegen der Unklarheit der Zuzahlungsregelungen hatten sich Kassen und Ärzte sowie das Sozialministerium in den vergangenen Wochen gegenseitig erhebliche Vorwürfe gemacht.