: Opposition fordert neuen Etat
CDU und FDP halten den Doppelhaushalt der Landesregierung für verfassungswidrig. Regierung weist Forderungen nach Rückzug der Haushaltsentwürfe zurück. SPD auf Linie, Grüne prüfen noch
VON ANDREAS WYPUTTA
Vertreter von CDU und FDP haben die Entwürfe der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Doppelhaushalt 2004/05 für verfassungswidrig erklärt. „Die Koalitionsfraktionen begehen einen vorsätzlichen Verfassungsverstoß, wenn sie diesen Haushalt verabschieden“, so Helmut Diegel, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, gestern in Düsseldorf. Dies werde durch ein von seiner Partei beim renommierten Münsteraner Steuerrechtler Dieter Birk in Auftrag gegebenes Gutachten belegt. Auch die Finanzexpertin der FDP, Angela Freimuth, bezeichnete die Entwürfe als verfassungswidrig: Die Regelobergrenze der Nettoneuverschuldung werde um rund 1,5 Milliarden Euro überschritten.
Das Gutachten Birks kreist im Kern um die Frage, ob die von der Landesregierung festgestellte Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründbar ist – nur in diesem Fall erlaubt die Landesverfassung eine über der Summe der Investitionen liegende Neuverschuldung. Steuerrechtler Birk schreibt, die Verfassung verlange eine zusammenhängende, durch Daten unterlegte Darstellung. Sein Urteil: „Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die Darlegung im bisherigen Gesetzgebungsverfahren nicht.“
Umstritten bleibt auch die Bedeutung von Steuerausfällen in Höhe von 690 Millionen Euro, die das Land den vor dem finanziellen Kollaps stehenden Kommunen stunde. Dies sei eine unzulässig verdeckte Rücklage für 2005, so der Professor. Die zulässige Nettokreditaufnahme werde auch 2005 um rund 630 Millionen Euro überschritten – auch dieser Teil des Doppelhaushalts wäre damit verfassungswidrig.
Dennoch wollen Landesregierung und SPD-Fraktion den Etat mit der Mehrheit der rot-grünen Koalition durch‘s Parlament bringen: „Der Haushalt wird kommende Woche verabschiedet“, so Hartmut Müller-Gerbes, Sprecher NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD), zur taz. SPD-Fraktionsvize Gisela Walsken erklärte, das „durchsichtige Manöver“ der CDU sei „parteipolitisch motiviert“. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Edith Müller, gab sich gegenüber der taz bedeutend reservierter: „Nach erster Übersicht werden gewichtige Argumente vorgetragen. Die Fraktion wird am Dienstag entscheiden.“
Auch die CDU kündigte an, auf eine Verfassungsklage zunächst verzichten zu wollen. Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster hatte zwar im Frühjahr vergangenen Jahres einer solchen Klage der Christdemokraten gegen die Haushalte 2000 und 2001 stattgegeben. Konsequenzen hatte das Urteil aber nicht mehr: Die Landesregierung hatte die Parlamentsbeschlüsse bereits umgesetzt – und das Geld ausgegeben.