: Die Freiheit drinnen und draußen
Bundespräsident Horst Köhler betont bei der Immatrikulationsfeier der FU die Freiheit der Studierenden. Deren Proteste vor dem Saal werden von der Polizei unterbunden
Der Henry-Ford-Bau ist in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt. Vor dem Gebäude der Freien Universität stehen rund 15 Mannschaftswagen der Polizei. Private Sicherheitskräfte stehen mit Metalldetektoren am Hörsaaleingang, und neben dem Rednerpult lungern etwa ein Dutzend Zivilpolizisten. Der Bundespräsident ist Stargast der feierlichen Immatrikulationsveranstaltung. Doch der größte Hörsaal der FU ist maximal zu zwei Dritteln gefüllt.
Anders als in den Vorjahren dürfen am Mittwoch nur Erstsemester an der feierlichen Immatrikulationsveranstaltung der Uni teilnehmen. Zudem mussten alle Gäste eine Datenüberprüfung durch das Bundeskriminalamt über sich ergehen lassen (taz berichtete). In den vergangenen Jahren hat es an der FU mehrfach Studierendenproteste im Rahmen der Feier gegeben.
Pünktlich um 10 Uhr betritt der Bundespräsident den Saal. Doch zunächst hat der Unipräsident Dieter Lenzen das Wort. Seine Rede über die Geschichte der FU und das humboldtsche Bildungsideal wird durch lautes Klopfen am Fenster unterbrochen. Einige Studierende haben die Polizeiabsperrungen umgangen. Auf einem Transparent fordern sie freie Bildung. Während Lenzen seine Rede fortsetzt, jagt die Polizei hinter der Scheibe die Studierenden Einige werden festgenommen.
Auch Horst Köhler hält eine Lobrede auf die Freiheit, schließlich hätten die meisten Studierenden Freiheiten, die sie später nie wieder haben werden. Die nehmen sich derweil ein paar Besucher. Im hinteren Hörsaalbereich entrollen sie ein Transparent mit dem Text: „Studiengebühren? Bachelor/Master? Rettungsfonds für Banken? Machen wir uns nicht zum Horst? Die Krise heißt Kapitalismus!“ Sicherheitskräfte zerren zaghaft am Transparent. Doch Köhler pfeift sie zurück: „Lassen Sie ruhig!“
Vor dem Gebäude haben sich etwa 70 Menschen versammelt. Sie halten aus Protest eine „Offene Immatrikulationsfeier“ ab. Dort steht auch Sara Walz. Die 25-jährige Politikstudentin wollte ursprünglich ihre Freundin zur offiziellen Immatrikulationsfeier begleiten. Allerdings habe ihr das FU-Präsidium nach ihrer Anmeldung mitgeteilt, dass der Hörsaal bereits komplett überfüllt sei. Da sie als Mitglied im Akademischen Senat dem FU-Präsidium bekannt ist, glaubt sie, dass ihr bewusst der Einlass verweigert wurde. „Es ist eine wirkliche Frechheit, wie sich die FU mit Begriffen wie Freiheit schmückt“, so Walz.
Julius Wersig ist neu an der Uni. Glücklich über die polizeiliche Datenüberprüfung war er nicht. Besonders „unangenehm empfand ich, dass ich sogar meine Telefonnummer und E-Mail-Adresse angeben musste“, empört sich Wersig.
Ebenfalls vor den Kopf gestoßen fühlt sich der Pädagoge Horst Paul Kuhley. Der Erziehungswissenschaftler von der Uni Kassel war nach Berlin gekommen, um die Immatrikulation seiner Tochter zu erleben. Doch nur diese erhielt Zutritt zum Hörsaal, „wir wurden mit der Videoübertragung abgespeist“. BJÖRN KIETZMANN