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Archiv-Artikel

SPD-Chef soll Juso verhindern

Frank Teichmüller droht mit Parteiaustritt. Der mächtige Ex-Chef der IG Metall Küste fordert, die Kampfkandidatur von Juso-Chef Ilkhanipour gegen Bundestagsabgeordneten Annen zu stoppen

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Es ist ein Brandbrief, den Frank Teichmüller geschrieben hat. Nach 36 Jahren in der Hamburger SPD droht er wegen des Streits um die Bundestagskandidatur im Kreis Eimsbüttel mit dem Parteiaustritt. Das teilte der 65-Jährige dem SPD-Landesvorsitzenden Ingo Egloff und dem Kreischef Jan Pörksen schriftlich mit. Die SPD solle „das Kandidatenaufstellungssystem Ilkhanipour“ stoppen, fordert Teichmüller, dessen Schreiben der taz vorliegt. Der Mann ist nicht irgendwer in der Partei: Bis 2004 war er als Vorsitzender der IG Metall Küste mehr als zwei Jahrzehnte lang der mächtigste Gewerkschaftsboss in Norddeutschland, mehrere Jahre war er zudem Mitglied des SPD-Landesvorstandes.

Vorige Woche hatte der Vorsitzende der Hamburger Jungsozialisten, Danial Ilkhanipour (27), seine Bewerbung für den Bundestag im Wahlkreis Eimsbüttel eingereicht. Damit sagte er dem Bundestagsabgeordneten Niels Annen (35) den Kampf an. Für heftige Auseinandersetzungen sorgt der Umstand, dass er sich auf den Distriktversammlungen nicht erklärt hatte, während Annen vor der Basis Rede und Antwort gestanden hatte.

Kreischef Pörksen hatte Ilkhanipour daraufhin „gezielte Unterwanderung“ vorgeworfen. Mithilfe „zahlreicher angekarrter Jusos“ habe der Jurastudent die Auswahl der Delegierten für den Nominierungsparteitag am 15. November zu seinen Gunsten manipuliert. Aus dem Umkreis des Juso-Chefs waren die Vorwürfe zurückgewiesen worden.

Die Befürchtung, der Streit zwischen dem zum rechten Flügel zählenden Juso und dem bundesweit profilierten Linken Annen könnte in heftige Flügelkämpfe ausarten, alarmierte selbst die Führungsetage. Hamburgs Parteichef Egloff sprach vergeblich mahnende Worte mit Ilkhanipour. Der aber hält selbst gegen den Willen des Bundesvorsitzenden Franz Müntefering an seiner Kandidatur fest. Dieser teilte Egloff telefonisch mit, er und seine linke Stellvertreterin Andrea Nahles hielten Annen „für unverzichtbar“. Die Jusos pampten nicht ganz zu Unrecht zurück, noch sei die Partei nicht soweit, dass der SPD-Chef sich seine Bundestagsfraktion selbst zusammenstellen dürfe.

Basisdemokratie aber beschwört auch Teichmüller. Er sehe sich in seinen Rechten „als einfaches SPD-Mitglied“ beschnitten, schreibt er: „Herr Ilkhanipour ist mir unbekannt“, deshalb hätte dieser sich in den Distrikten „vorstellen müssen und sich nicht dieser Befragung entziehen dürfen“. Wenn aber auf diesem Weg jemand Kandidat werden könne, schlussfolgert Teichmüller, „braucht die SPD offensichtlich ihre Mitglieder nicht“. Niemand in der SPD wollte sich gestern zu dem Streit und Teichmüllers Vorwürfen äußern. Parteisprecher Bülent Ciftlik teilte lediglich mit, Egloff sei „mit allen Akteuren im Gespräch“.

Der Kreisvorstand Eimsbüttel nominierte unterdessen am Mittwochabend mit 16 Stimmen Annen als Kandidaten für die Wahlversammlung am Sonnabend nächster Woche. Fünf Mitglieder votierten für Ilkhanipour, zwei enthielten sich.