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: Was Lehman Brothers hinterließ

Man hört kein Flüstern während des Vortrages im Bürgerhaus Weserterrassen, die Zuhörer konzentrieren sich, einige schreiben mit. Über hundert sind gekommen, um zu erfahren wie groß die Chance ist, wenigstens Teile des Geldes wiederzubekommen, das sie in Lehman-Brothers-Zertifikate investiert haben. Der Vertragsanwalt des Bremer Verbraucherschutzvereins „Schutzvereinigung für Anleger“ (SfA), Peter Hahn, informiert sie über den Stand der Dinge und beantwortet ihre Fragen.

Eher etwas älter sind die Teilnehmer und viele bezeichnen sich als „konservative“, also nicht risikofreudige, Anleger. „Ich habe überhaupt keine Chance gehabt, das vorauszusehen“, erzählt ein Teilnehmer. „Man hat so getan, als müsste die ganze Welt untergehen, bis das passiert“, sagt er.

Um eine Chance zu haben, sein Geld wiederzusehen, muss er, so erklärt Hahn, eine Fehlberatung nachweisen, also nicht ausreichend über die Risiken informiert gewesen sein. In einer solchen Situation sieht sich eine Frau, die sich später meldet. „Ich bin zur Bank gegangen und habe gesagt, dass ich etwas ganz Sicheres will, da hat man mir Lehman Brothers empfohlen“, sagt sie. Ein wenig aufgeregt wirkt ihre Körpersprache, ansonsten macht sie, wie fast alle im Raum, einen sehr gefassten Eindruck. Erkennt man das eigene Schicksal in dem eines anderen, fällt mal ein „Genau so war’s!“, sonst kommt es nur einmal zu Stimmengewirr: Als ein Teilnehmer die Banken in Schutz nimmt und argumentiert, dass die Zertifikate nach damaligem Wissensstand tatsächlich als konservativ gelten konnten, schwellt ein allgemeines Murren an.

Über die sehr unwahrscheinliche Möglichkeit eines Totalausfalls sind außerdem viele Anleger durchaus informiert worden. „Das sei nur pro forma, das wird nicht passieren, hat man mir erzählt“, berichtet einer von ihnen. Auf Teufel komm raus hätten die Banken versucht, die Zertifikate an den Mann zu bringen, erzählt ein anderer. Ob die Banken nun fair beraten haben oder nicht, Renate Pälmke, die Geschäftsführerin des Vereins, hat einen davon völlig unabhängigen Tipp für die Anleger: „Sie sind alle mündige Bürger, Sie müssen die Verantwortung übernehmen“, sagt sie. Man solle den Berater auffordern, sich so auszudrücken, dass der Laie es versteht. „Im Notfall muss man selbst ein Gesprächsprotokoll anfertigen und es sich unterschreiben lassen“, rät sie. Zertifikate seien allerdings für den normalen Anleger eher ungeeignet, der Kunde könne gar nicht durchschauen, was ihm der Berater verkaufen will.

Auch in der jetzigen Situation rät die SfA zu Vorsicht gegenüber den Banken. Wenn sich die Gebühren im Vergleich zum Streitwert lohnen, solle man einen Anwalt einbeziehen, nicht alleine zur Bank gehen, wenn diese ein Angebot macht. Sammelklagen seien hingegen nicht sinnvoll. Trotz dieser Aussage haben die Teilnehmer am Ende der Veranstaltung die Möglichkeit, sich nach Banken zusammenzufinden und sich auszutauschen. Erstmal Urteile abzuwarten, ist der Tenor, Adressen werden ausgetauscht, um untereinander in Kontakt zu bleiben. „Was soll das schon bringen, da kann man doch auch nur reden“, meint eine ältere Frau.

Schließlich kommt sie doch mit der Gruppe ihrer Bank ins Gespräch. Auch wenn es juristisch nichts bringt, hier versteht zumindest jeder ihre Situation.

JANA WAGNER