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Archiv-Artikel

Grüner Promiauflauf in Potsdam

Wolfgang Wieland will Renate Künast, Jürgen Trittin und andere grüne Promis in den Wahlkampf einbinden. Wahlforscher hält Einzug in den Potsdamer Landtag für möglich

Nachdem der kleine Parteitag der Brandenburger Grünen am Wochenende mit Wolfgang Wieland und der Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm die Doppelspitze für die Landtagswahl nominiert hat, begann gestern der Wahlkampf. „Der Zug hat sich in Bewegung gesetzt“, sagte Parteivorstand Joachim Gessinger in Potsdam. „Jetzt haben wir zwei Lokomotiven. Die ziehen uns den Berg hoch auf sieben Prozent.“ Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sprach gar von einem „Super-Team“. In Brandenburg wittern die Grünen wieder Morgenluft.

Das hat vor allem mit der Kandidatur von Wolfgang Wieland zu tun. „Stolpeland ist abgebrannt“, begründet der langjährige Matador der grünen Abgeordnetenhausfraktion in Berlin, warum Brandenburg reif für eine neue politische Kraft sei. „Was CDU und SPD in Potsdam machen, ist eine Politik hinter verschlossenen Türen. Selbst die PDS als Regierungspartei im Wartestand ist da keine Ausnahme.“ Wieland dagegen will den Landtag wieder zu einem Ort der politischen Auseinandersetzung machen. Das gelte auch für die Ausschüsse, die bislang – anders als in Berlin – unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen. „Die Menschen“, sagte Wieland zur taz, „suchen nach Alternativen gegen die Politikverdrossenheit“.

Und die Grünen suchen nach weiterer Unterstützung für ihr ehrgeiziges Ziel, im September nach zehn Jahren wieder in den Landtag zu ziehen. „Wir werden die grüne Prominenz im Wahlkampf einbinden“, sagte Wieland und nannte vor allem Renate Künast, Jürgen Trittin und EU-Kommissarin Michaele Schreyer. Letztere hatte als Finanzexpertin der Berliner Grünen den Fusionsvertrag mit Brandenburg 1995 ausgearbeitet und soll nun den Brandenburgern die Angst nehmen, von den Berliner Altschulden erdrückt zu werden.

Mit der Verpflichtung der Bundesprominenz setzt Wieland ganz auf den Genossen Bundestrend. Schon bei den Bundestagswahlen 2002 hatten die Grünen ihr Ergebnis gegenüber 1998 von 3,6 auf 4,5 Prozent verbessern können. Das ist mehr als das Doppelte des Ergebnisses der letzten Landtagswahl von 1,9 Prozent. Auch in aktuellen Umfragen scheint der Trend den Landesgrünen in Brandenburg gewogen zu sein. Sie liegen derzeit bei etwa 4 Prozent.

Entsprechend optimistisch ist auch der Wahlforscher Gero Neugebauer. „Die Grünen können es schaffen“, sagte Neugebauer zur taz. „Mit Wieland haben sie einen Profi, der bei der Bundespartei Geld für den Wahlkampf locker macht.“ Vor allem im Umland sowie in der Prignitz, in Frankfurt und in Cottbus sieht Neugebauer jene „vagabundierenden Stimmen von Wählern, die gerne eine Alternative zur SPD und zur CDU hätten“.

Auch Wieland setzt ganz auf diese „Hochburgen“, will aber auch die Peripherie nicht vernachlässigen. „Wenn mich in der Uckermark einer anspricht und die Abschaffung der Windräder fordert, sage ich ihm: Die Alternative sind Atomkraftwerke.“

UWE RADA