Wohin kommt der Gift-Schlick?

Seit Monaten streiten Sport-, Häfen- und Umweltressort, was mit dem TBT-belasteten Schlick aus dem Grohner Sportboot-Hafen passieren soll. Und vor allem: wer die Entsorgung bezahlt. Jetzt schießt eine quer – die CDU

taz ■ Der Schlick muss weg. Darüber zumindest sind sich alle einig. Der mit giftigem Tributyl-Zinn (TBT) belastete Schlamm aus dem Grohner Sporthafen soll ausgebaggert werden. Nur wohin mit den Dreck und wer dafür zahlt, ist nach wie vor unklar. Bei einem Krisengespräch Anfang der Woche zwischen Umwelt-, Sport- und Wirtschaftsressort sowie den beiden Fraktionschefs Jens Böhrnsen (SPD) und Jens Eckhoff (CDU) legte letzterer Einspruch gegen die bis dahin favorisierte Lösung ein: den weniger belasteten Teil des Schlicks am Boden des Europahafens „endzulagern“. Die Staatsräte vereinbarten daraufhin erst einmal eines: Stillschweigen.

Die Entsorgung des Gift-Schlamms nämlich ist eine teure Angelegenheit. Und je sorgsamer man die Gifte aus der Umwelt entfernen will, desto teurer wird es. 50.000 Kubikmeter Schlamm lagen im Grohner Hafen, 15.000 davon waren mit mehr als 600 Milligramm TBT pro Kilogramm Trockenmasse belastet. Für 500.000 Euro wurden sie bereits im letzten Jahr ausgebaggert und auf die Deponie in Seehausen verfrachtet, auf der auch aller Schlick aus Bremerhaven abgelagert wird.

Der weniger belastete Teil des Hafenaushub aber – Messungen ergaben Werte um die 300 Milligramm TBT pro Kilogramm getrockneten Schlamms – sollte nicht teuer deponiert, sondern bei Farge kostengünstiger in die Weser verklappt werden. Gemäß einer Vereinbarung der norddeutschen Länder und des Bundes ist das zulässig, wenn der Trocken-Schlick weniger als 600 Milligramm TBT pro Kilogramm enthält. Das Umweltressort hätte die Genehmigung dazu also wohl erteilen müssen.

Doch der Senat hatte die Rechnung ohne die Anwohnergemeinden gemacht. Die waren nämlich alles andere als erfreut darüber, dass ihnen die Hansestadt ihren giftigen Schlick einfach vor die Haustür kippen und von der Weser gen Nordsee spülen lassen wollte. Also hagelte es Protestbriefe und selbst die Bezirksregierung in Oldenburg schaltete sich ein.

„Die Gemeinden haben sich auf die Hinterbeine gestellt“, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD, Joachim Schuster. Und weil es sich Bremen nicht ganz mit seinen Nachbarn verderben wollte, verkündete Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) im Beisein des Bürgermeisters von Berne Ende letzten Jahres, dass Bremen auf die Verklappung des Gift-Schlicks vor Farge verzichte. Sprich: Die relativ kostengünstige „Lösung“ des Schlick-Problems war gestorben.

Stattdessen war eine neue Entsorgungsvariante ins Spiel gekommen. Der im Sporthafen Grohn unerwünschte und hinderliche Schlick, so die Idee, sollte am Boden des Bremer Europahafens deponiert werden – mit einer Art Schwelle am Hafenausgang vor dem Wegdriften gesichert und nach oben hin mit einer Sandschicht oder Folie abgedeckt. Verlockender Nebeneffekt dieser Lösung: Die Kosten lägen nicht höher als bei der Verklappung vor Farge, gleichzeitig könne der „Bodensatz“ im Europahafen aber helfen, die wackelige Spundwand des Hafenbeckens dort zu stabilisieren. Unausgesprochene Hoffnung des Sportressorts: Wirtschafts- und Häfen-Senator Josef Hattig (CDU) oder die ihm untergeordnete Überseestadt GmbH könnten einen Teil der Kosten übernehmen.

Die „Europahafen“-Lösung, sagen Insider, sei die finanziell günstigste und ökologisch akzepable Variante. CDU-Fraktionchef Jens Eckhoff sieht das offenbar anders. Das würde bedeuten, den Schlick auf der Deponie in Seehausen zu lagern – das aberkäme etwa dreimal so teuer. Gegenüber der taz wollte er gestern keine Stellungnahme abgeben.

Zahlen muss der für den Grohner Hafen zuständige Sportsenators Kuno Böse (CDU), der über das Veto seines Parteikollegen wenig erfreut sein dürfte. Auch die anderen Ressorts weisen das Problem weit von sich: „Mit dem TBT-Schlick haben wir nichts zu tun“, betont Andreas Jacobsen, Sprecher im Wirtschafts- und Häfen-Ressort. Und aus dem Umweltressort heißt es: „Das ist ein Sporthafen, also muss auch das Sportressort für den Unterhalt aufkommen.“ Armin Simon