: Mit Bleifuß an die Heimatfront
Nascar-Fahrer Jerry Nadeau wird von der U.S. Army gesponsort. Dafür bedankt er sich mit reichlich Propaganda und Truppenbesuchen in Afghanistan, Kuwait und demnächst Irak. „Es ist mir eine große Ehre, für die Army zu fahren“, sagt er
von MARKUS VÖLKER
Jerry Nadeau ist Rennfahrer. Er fährt mit seinem Nascar-Wagen im Kreis herum. Und damit er das besonders schnell tun kann, hat er sich einen Sponsor besorgt: die U.S. Army. Die amerikanischen Streitkräfte unterstützen nicht nur den schnellen Jerry, sondern auch einen Kollegen in der Dragster-Serie. Dort starten Raketen auf Rädern, die atemberaubend schnell nach vorn schießen und von Ballons gebremst werden müssen, damit sie sich nicht in eine Cruise Missile verwandeln.
Am Sonntag findet ein Nascar-Rennen in Bristol (Tennessee) statt, wo Nadeaus silbrig-schwarzer Bolide mit dem Army-Stern auf der Motorhaube besondere Aufmerksamkeit erregen wird. Aber nicht nur der. Auch auf Ricky Rudd wird die Menge mit Stolz blicken, denn Rudd lenkt einen Wagen, für den die Luftwaffe Dollars locker macht. Und die Nationalgarde fährt bei Todd Bodine mit. Es wird ein Spektakel geben, keine Frage. Der Motorsportfan liebt seine heimatergebenen Helden. Umso mehr, wenn sie für die Kriegstruppe den Auspuff röhren lassen.
„Wir glauben, dass es eine besondere Verbindung zwischen unserem Sport und der Truppe gibt“, sagt Nascar-Präsident Mike Helton, „jeder Teil der Armee ist bei uns repräsentiert.“ Die Nascar-Serie ist längst nicht mehr nur eine Leistungsschau PS-starker Motoren, sondern auch amerikanischer Wehrbereitschaft. Gerade in Kriegszeiten. Nirgendwo anders im US-Sport wird dem Patriotismus so aufdringlich gehuldigt wie im Motorsport. Der White Trash auf den Rängen verlangt mit Bierbüchse in der Hand nach Demonstrationen der Stärke – und bekommt sie. Kein Wunder, dass Nascar-Manager Bill France sagt, dass er die Motorsportfans zu jenen zählt, die in den Krieg ziehen „und ihn für Amerika gewinnen“.
Wie das mit dem Gewinnen von Kriegen ist, wollte Jerry Nadeau ganz genau wissen. Er reiste zum Jahreswechsel nach Afghanistan und Kuwait, um mit seiner Anwesenheit die Operation „Enduring Freedom“ zu unterstützen. Zusammen mit vier anderen Fahrern wurde er im Rahmen des „Armed Forces Professional Entertainment Program Overseas“ in die Krisenregion geflogen. Nadeau durfte in Afghanistan mit schweren Maschinengewehren rumballern, in Kuwait im Panzer durch die Wüste preschen. Er traf General John M. Keane und verteilte hunderte von Autogrammen an Soldaten. Dann sagte er: „Ich wünschte, jeder Amerikaner könnte sehen, was unsere Jungs durchstehen, damit er wüsste, wie glücklich wir alle sein können.“
Nadeau war begeistert von dem, was er gesehen hatte. Er schaltete in den fünften Gang der Propagandamaschine und ließ wissen, dass die Amerikaner ihre Freiheit nur dem „großartigen Militär“ zu verdanken hätten. Und er wolle bald wiederkommen ins Einsatzgebiet. „Ich kann es gar nicht erwarten, noch mehr US-Truppen in diesem Jahr zu besuchen“, so der 32-Jährige, der in der laufenden Saison nur Plätze zwischen 18 und 35 geholt hat. Nadeau wird, sofern er seine Ausflüge in Kriegsgebiete mit den Rennterminen koordinieren kann, reichlich Gelegenheit haben, die Moral der Truppe anzustacheln. George W. Bush kündigte an, es werde sich um einen langen Kampf im Irak handeln. Gut für Nadeau: Er muss sich so schnell nicht auf die Suche nach einem neuen Sponsor machen – jetzt, wo er sozusagen mit Bleifuß an der Heimatfront kämpft.