Proteste gegen rechts

Wehrmachtsausstellung: 1.000 Neonazis marschieren auf – zur größten rechten Demo in Hamburg seit 30 Jahren

HAMBURG taz ■ An der letzten Station der Ausstellung „Die Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944“ vom Institut für Sozialforschung in den Hamburger Kampnagel-Hallen marschierten am Samstag etwa 1.000 Neonazis auf. Es war die größte Hamburger Nazidemonstration der letzten 30 Jahre

Über 4.000 GegendemonstrantInnen folgten dem Aufruf von 40 Organisationen, Kirchengemeinden und Gewerkschaften. Sie versuchten, sich dem Aufmarsch in den Weg zu stellen. Dabei kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen AntifaschistInnen und den etwa 3.500 Polizisten. 221 Personen wurden festgenommen, vier Demonstranten verletzt.

Dem Aufruf des neofaschistischen „Aktionsbüros Norddeutschland“ um den Hamburger Neonazi-Strategen Thomas „Steiner“ Wulff waren aus dem bundesweiten Netzwerk der „Freien Kameradschaften“ alle gefolgt, die Rang und Namen haben und derzeit nicht im Knast sitzen. So wetterte neben „Steiner“ bei strömendem Regen, wegen der Gegenproteste der AnwohnerInnen kaum wahrnehmbar, Daniela Wegener von der „Sauerländischen Aktionsfront“ gegen den Mäzen der Ausstellung, Jan Philipp Reemtsma. „Die deutschen Soldaten waren die fairsten in dem ganzen Krieg“, behauptete Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger.

Gleichzeitig spielten sich wenige hundert Meter entfernt, nur durch einen Kanal getrennt, bürgerkriegsähnliche Szenen ab. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen ProtestlerInnen ein; angeblich hätten diese Feuerwerkskörper und Steine geworfen. Obwohl die Veranstalter zusagten, man werde sich geordnet zurückziehen, droschen Polizisten mit Knüppeln auf DemonstrantInnen ein. Die Demo brach auseinander, Steine flogen und Barrikaden wurden errichtet.

Wenig später zwang die Polizei, die den Naziaufmarsch nach eigenen Angaben am liebsten schon zu Beginn gleich ganz verboten hätte, die Rechten vor den Kampnagel-Hallen mit drohendem Wasserwerfereinsatz zur Umkehr. Der Marsch sei „nicht mehr durchsetzbar ist“, sagte ein Einsatzleiter. PETER MÜLLER
ANDREAS SPEIT