Symbolische Starthilfe

Verleihung des Bremer Studienpreises gestern Abend im Rathaus: Ausgezeichnet wurden sechs hervorragende Abschlussarbeiten

Wie halten Wattwürmer Schwankungen der Temperatur in ihren Zellen aus?

Bremen taz ■ Wie überlebt eigentlich ein Wattwurm in der Nordsee den Winter? Für die Beantwortung dieser und ähnlich extravaganter Fragen wurde der 27-jährigen Biologin Martina Keller gestern im Rathaus der Bremer Studienpreis verliehen. „Saisonale Temperaturabhängigkeit mitochondrialer Prozesse beim Pierwurm Arenicola marina“ lautet der offizielle Titel ihrer als herausragend prämierten Diplomarbeit. Die Übersetzung für Nicht-Biologen und -Biologinnen: Es geht um Wattwürmer und darum, wie diese kleinen Bewohner des Nordseewatts mit den enormen Temperaturschwankungen in ihren Wurmzellen fertig werden. Von 25 Grad im Sommer auf null Grad im Winter – eine enorme Leistung, sagt die Betreuerin der Wattwurm-Arbeit, Doris Abele vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. „Menschliche Zellen würden dabei kläglich verenden.“

Ausgezeichnet für exzellente wissenschaftliche Arbeit wurden neben Keller noch eine weitere Absolventin und vier Doktoranden. Die Belohnung für die Mühen der NachwuchswissenschaftlerInnen: Die beiden Frauen bekamen für ihre Diplomarbeiten jeweils 500 Euro, die Männer für ihre Dissertationen jeweils 1.000 Euro. Das Geld sei aber nicht das Entscheidende, sagt die Wissenschaftlerin Doris Abele. „Für die wissenschaftliche Karriere ist so eine Anerkennung von hoher Bedeutung.“

Verliehen wird der Bremer Studienpreis von der Gesellschaft der Freunde der Universität Bremen bereits seit 1983 – mittlerweile ist auch die private International University Bremen (IUB) mit im Boot. Die diesjährigen Preisträger stammen allerdings alle von der Universität Bremen, da die IUB erst in diesem Jahr die ersten AbsolventInnen verabschiedet.

Zwei der sechs Preise wurden privat finanziert: Das Biotech-Unternehmen Bruker Daltronik zahlte für die Dissertation des Produktionstechnikers Hubertus Lohner mit dem ansprechenden Titel „Zerstäuben von Mineralschmelzen im Heißglas“. Der Rotary Club hingegen fand die Doktorarbeit über Entwicklungsprozesse im „postembryonalen Gehirn des Zebrabärblings“ besonders förderungswürdig. Bei aller Dominanz naturwissenschaftlicher Fächer: Zwei Preise waren auch in diesem Jahr den Sozial- und Geisteswissenschaften vorenthalten. Einer davon ging an die Sozialwissenschaftlerin Christine Hauschild für ihre Diplomarbeit zum Thema Rente. Sie untersuchte den Zusammenhang von Biographieverläufen und der Höhe der Rente.

Ihre Kollegin, die Wattwurm-Expertin Martina Keller, kam zur Preisverleihung extra von den Philippinen angejettet. Dort arbeitet sie auf der Insel Iloilo in einem Küstenzonenmanagement-Projekt. Mit Wattwürmern hat sie dort nichts zu tun, hofft aber, dass diese ihr jetzt den Weg zu einem Stipendium für ihre Doktorarbeit ebnen. Nadja Plothe