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Archiv-Artikel

Fließbandunterricht

Neues Arbeitszeitmodell ist ein Horrorszenario, findet der Lehrerverband. Lehrer unterrichten bis zu 33 Stunden. Heute Befassung in der Deputation

An der Bürgerschaft vorbei will der Senat per Rechtsverordnung ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrer verabschieden. Gelten soll es ab August, heute wird die Deputation zustimmen. „Wir stehen vor einem Horrorszenario“, warnte gestern der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands Hamburg (DLH), Arno Becker. Durch viel zu knapp bemessene Faktoren müssten normale Vollzeitkräfte künftig 30 Stunden pro Woche unterrichten, Grundschullehrer gar bis zu 33 Stunden. Bisher unterrichten Lehrer maximal 28 Stunden.

Das neue Arbeitszeitmodell geht davon aus, dass alle Lehrer eine 40-Stunden-Woche und nur sechs Wochen Ferien haben. Unterricht und außerunterrichtliche Tätigkeiten wie die Korrektur von Klassenarbeiten werden faktorisiert und anschließend addiert. Der DLH kritisiert nun, dass diese Faktoren „künstlich klein gerechnet“ wurden, weil die Behörde 900 bis 1000 fehlende Lehrerstellen einsparen will. Becker: „Es ist ein gnadenloses Mehrausbeutungsmodell.“ So gebe es für die Korrektur einer Klassenarbeit 10,7 Minuten. Diese, so Becker, reichen „gerade mal, um die Arbeit kurz durchzulesen“. Auch sei die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts so knapp kalkuliert, dass es nur noch „Fließbandunterricht“ stur nach Lehrbuch gebe.

Die größten Probleme entstehen im Grundschulbereich. Hier wurde eine Schulstunde mit dem Faktor 1,3 sehr niedrig angesetzt. Vollzeitkräfte müssen deshalb länger unterrichten, als die Schüler anwesend sind. Und die Schulen können den Unterricht nicht voll abdecken, weil sich Lehrer nicht zweiteilen können.

„Es gibt keine Musterrechnung, wie sich die Versorgung der einzelnen Schule verändert“, kritisiert denn auch GAL-Politikerin Christa Goetsch, die eine Befassung der Bürgerschaft mit dem Thema fordert. Denn die Verordnung senkt auch die Zuteilung von Förder- und Teilungsstunden radikal. Dinge, die zu entscheiden eigentlich dem Parlament oblägen. kaija kutter