Das neue SPD-Motto: Aufgeben gilt nicht

Die SPD hat bei den Landtagswahlen im Saarland keine Chance, aber Spitzenkandidat Maas schreibt wacker Briefe

SAARBRÜCKEN taz ■ Heiko Maas kämpft. Der SPD-Herausforderer von Ministerpräsident Peter Müller (CDU) schrieb gerade alle rund 2.300 Genossen an, die im vergangenen Jahr den saarländischen SPD-Landesverband verlassen haben. Bis zu den Landtagswahlen sind es noch knapp acht Monate.

Er könne die Argumente der SPD-Frustrierten „gut nachvollziehen“, schreibt Maas. Sozialdemokratisches Profil sei verloren gegangen. Er jedenfalls werde sich ab sofort auch in Berlin dafür einsetzen, „dass die SPD wieder stärker als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrgenommen wird“. Starke Worte. Maas weiß schließlich genau: Ohne die vollständige Mobilisierung aller Stammwähler und aller Sympathisanten braucht der Partei- und Fraktionsvorsitzende im September erst gar nicht gegen Müller anzutreten.

Die letzte Umfrage für das Saarland, in der die SPD 33 Prozent und die CDU 54 Prozent erreichte, datiert vom Herbst 2003. Doch damals wurden für die SPD bundesweit noch 28 Prozent notiert, heute sind es 24. Die Demoskopen räumen Maas kaum Chancen auf einen Sieg ein, auch wenn Infratest glaubt, dass sich gerade im Saarland die Stimmung beim Wahlvolk schneller verändern könne als in anderen Bundesländern. Doch der Zweifrontenkrieg – partiell gegen die Genossen in Berlin sowie gegen die christdemokratische Alleinregierung in Saarbrücken – macht den Wahlkampf für die saarländischen Sozialdemokraten nicht einfach.

Maas schrieb deshalb einen zweiten Brief an alle 30.356 Genossen im Saarland, die ihr Parteibuch noch nicht zurückgegeben haben. Ihnen macht er Mut. Er sei „optimistisch, das Ruder mit Geschlossenheit und Hartnäckigkeit noch herumreißen zu können“. Stärkste politische Kraft im Landtag wolle man wieder werden. Und auch schon bei den Kommunalwahlen vor den Landtagswahlen die 1999 verlorenen gegangenen Rathäuser zurückerobern.

Doch was bei den Kommunalwahlen vielleicht da und dort – und möglicherweise sogar in Saarbrücken – gelingen könnte, scheint bei den Landtagswahlen schier unmöglich zu sein. Vom „Milchbubi Maas“ jedenfalls drohe ihm keine Gefahr, tönte Ministerpräsident Müller selbstbewusst, nachdem der 37 Jahre alte Sozialdemokrat im November zum Spitzenkandidaten gewählt wurde. Maas revanchiert sich jetzt: Müller sei nur ein „Krallemacher“, ein Blender. Der neueste SPD-Wahlkampfhit – eine „Bildungsoffensive“ – zündet allerdings nicht recht. „Brauchen wir nicht“, kontern die Unionspolitiker, „haben wir schon.“

Am „Tag der offenen Parteizentralentür“, der kürzlich überall im Saarland stattfand, ließen die Genossen an der Basis und die Bürger jedenfalls ordentlich Dampf ab. Der aus Berlin angereiste Bundestagsfraktionschef Franz Müntefering, der unverdrossen für die „Agenda 2010“ warb, war in Saarbrücken der Buhmann. Heiko Maas präsentierte bei dieser Gelegenheit schon einmal seinen Forderungskatalog, der die Wahlchancen der SPD nicht nur an der Saar verbessern soll: Die Bundesregierung solle die Bürgerversicherung einführen, die Erbschaftssteuer erhöhen, die Ausbildungsplatzabgabe erheben und die Tarifautonomie sichern. Und wenn dann noch das Gerede über die Senkung des Spitzensteuersatzes aufhöre, würden die Menschen auch an der Saar gerne wieder einmal SPD wählen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT