: Was wird aus der Bank?
Der rot-rote Senat hat den Verkauf der Bankgesellschaft abgeblasen. Wie geht es nun mit der Bank weiter, und was bedeutet dies für Berlin? Wir versuchen Antworten auf drängende Fragen zu geben
von RICHARD ROTHER
Belastet die Entscheidung, die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft nicht zu verkaufen, den Berliner Haushalt?
Zunächst nicht direkt. Allerdings hat gestern der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses seine Erwartungen aus Einnahmen aus Vermögensverkäufen nach unten geschraubt – unter anderem fehlen die Einnahmen aus dem erhofften Bankverkauf. Zugleich wurde die Neuverschuldung um 250 Millionen Euro erhöht. Mittel- bis langfristig könnten aber erhebliche Summen zusammenkommen – für den Fall, dass die Bank es nicht schafft, ihre Risiken aus eigener Kraft abzuarbeiten, oder neue Verluste auftreten. Schon 2001 musste das Land 1,75 Milliarden Euro in die Bank stecken, um sie vor dem Konkurs zu bewahren.
Wo liegen die Risiken in der Bank?
Jedes Bank- beziehungsweise Kreditgeschäft birgt Risiken in sich. Sie entstehen, wenn zum Beispiel (Groß-)Kreditnehmer ihre Kredite nicht zurückzahlen können, weil ihre Geschäfte nicht so laufen wie geplant. Die Bank soll sich nicht nur beim Lausitzring oder dem Baukonzern Holzmann verhoben haben, sondern dürfte auch Schwierigkeiten im Immobiliengeschäft haben. Der Grünen-Bankexperte Jochen Esser schätzt die Höhe problematischer Kredite auf bis zu 4 Milliarden Euro.
Was geschieht mit der so genannten Risikoabschirmung?
Die Risikoabschirmung bleibt von der Verkaufsentscheidung völlig unberührt, Berlin muss so oder so zahlen. Das Land hatte die Risiken aus den umstrittenen Immobilienfondsgeschäften der Bankgesellschaft mit bis zu 21,6 Milliarden Euro in den nächsten 30 Jahren abgesichert. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) rechnet mit einem tatsächlichen Bedarf von rund 3,5 Milliarden Euro. Jährlich werden dafür rund 300 Millionen Euro im Haushalt eingestellt.
Welche Folgen hat der Nichtverkauf für die Aufarbeitung des Bankenskandals?
Keine direkten. Die juristische und politische Aufarbeitung des Bankenskandals, die sich PDS und SPD auf die Fahnen geschrieben haben, kann so oder so erfolgen. Ein neuer privater Besitzer dürfte aber ein geringeres Interesse an Aufklärung als eine politische Führung haben, weil er möglichst wenig negative Schlagzeilen erzeugen will. Kritiker bezweifeln aber auch den Aufklärungswillen von Senat und Bankvorstand, befürchten Vertuschung. Der ganze Skandal würde nur im Konkursfall ans Licht kommen, sagt etwa der Buchautor Matthew D. Rose, dessen Buch zum Bankenskandal demnächst erscheint.
Was sieht das Sanierungskonzept der Bank vor?
Das Sanierungskonzept sieht vor, aus der Bankgesellschaft eine Regionalbank zu formen, die ihre Stärken im Massenkundengeschäft sieht. Dabei wird gehörig gespart, vor allem beim Personal. Bis Ende 2005 sollen die Sachkosten um 150 Millionen Euro und die Personalkosten um 300 Millionen Euro sinken. Dazu gehört ein Abbau von 4.000 der ursprünglich 15.000 Vollzeitstellen. Die US-Investoren, die nicht zum Zug kamen, wollten 400 Millionen Euro in den Konzern stecken. Die Bank muss nun ohne diesen Kapitalzufluss auskommen.
Warum sind die Gewerkschaften zufrieden?
Die Gewerkschaften haben befürchtet, dass ein privater Besitzer der Bankgesellschaft noch mehr Arbeitsplätze abbauen würde, als es das Sanierungskonzept vorsieht. Das ist nun erst einmal vorbei. Zudem sieht mancher die Entwicklung „Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren“ zumindest gestoppt; Berlin könne an möglichen Bankgewinnen der Zukunft teilhaben. Und die Berliner Sparkasse, eine öffentlich-rechtliche Tochter der Bankgesellschaft, kann ihren Namen in jedem Fall behalten, weil sie nicht privatisiert wurde.
Was unternimmt nun die Bürgerinitiative „Berliner Bankenskandal“?
Ein Ziel der Bürgerinitiative „Berliner Bankenskandal“ war es, den Verkauf der Bankgesellschaft zu verhindern. Ein Sprecher begrüßte gestern denn auch die Senatsentscheidung. Dass der Senat gezögert habe, die Bank zu solch schlechten Bedingungen zu verkaufen, habe auch an der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für dieses Thema gelegen. Die Initiative bereitet nun eine Verfassungsklage gegen die Risikoabschirmung vor, für deren Einreichung sie 25 Prozent der Abgeordneten gewinnen muss.
Welchen Einfluss nimmt die EU-Kommission?
Im Jahr 2001 hat das Land Berlin 1,75 Milliarden Euro in die Bank gesteckt, um sie vor dem Ruin zu retten. Dies stellt eine staatliche Beihilfe dar, die von der EU noch wettbewerbsrechtlich genehmigt werden muss. Die EU knüpft ihre Zustimmung an die Erwartung, dass keine weiteren Subventionen fließen.
Wann kann die Bank frühestens verkauft werden?
Eigentlich jederzeit. Wahrscheinlich wird aber niemand vor dem Ende der Sanierung ein Angebot vorlegen, das dem Senat zusagt. Laut Finanzsenator Sarrazin ist der nächste „natürliche Zeitpunkt“ für einen Verkauf im Jahr 2006.