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Archiv-Artikel

silke burmester Das optimale Bett zum Glück

Adorno hat’s gewusst: Es gibt keinen richtigen Wurm im falschen Apfel. Oder doch? Was passiert, wenn man an das Gute in Mensch und Medien glaubt

Immer meckern tut nicht gut. Die letzten Wochen waren dementsprechend anstrengend und auf die Dauer wirkt das viele Gemäkel sich auch äußerst ungünstig auf meinen Teint aus. Deshalb habe ich beschlossen, bis Aschermittwoch nur noch das Positive der Medienwelt zu betrachten. Nicht immer den Wurm zu sehen, sondern den Apfel drum rum. Die Kolumne der guten Nachricht, sozusagen.

Die beste Fundstelle für so etwas ist ein Umschlagplatz der Kulturen. Ich bin zu einem großen Bahnhofskiosk gestiefelt, und noch ehe ich nach einer Empfehlung fragen konnte für jemanden, der sich dem Schönen der Welt stellen will, hatte ich es schon entdeckt: go longlife! „Das Magazin für ein langes, glückliches Leben!“ Go longlife – was sind 3,50 Euro gegen diesen Titel?!? Ich begriff sofort: Allein den Blickwinkel zu ändern, reicht aus, um nicht nur an jeder Ecke das Gute zu entdecken, sondern um selbst zum Teil dieser glücklichen Welt zu werden!

Das Cover verspricht alles, was man braucht, wenn man sich für diesen Weg entschieden hat. „Beauty-Special: Schönheitschirurgie“, „Das optimale Bett“ und „Der beste Weg zum Glück“. Im Heft geht es dann noch weiter. Hinter jeder größeren Geschichte befindet sich eine ganzseitige Anzeige, so dass ich gleich weiß, welches Bett ich kaufen soll, bei wem ich die Korea-Reise buche und welches Mittel ich gegen Sodbrennen nehmen muss, falls mich der achtseitige Artikel über saure Ernährung aufstoßen lässt. Das Tollste aber ist, dass ich jetzt nicht mal mehr ein Flugzeug brauche, wenn ich fliegen will: „Wann immer Sie möchten, heben Sie mit dem Pilotenschein in die Lüfte ab und sehen alles aus der Vogelperspektive.“

Doof ist, dass ich das Heft nicht zurückgeben kann, wenn ich damit nicht länger lebe. Aber diese Aussage des Verkäufers konnte mich nicht runterziehen. Im Gegenteil. Ich war so erfüllt, dass ich den jungen Mann neben mir, der MalErotic („Männer und mehr …“) kaufte, gleich angesprochen habe: „Das ist ja wohl auch was zum Glücklichwerden, oder?!?“ „Ich hoffe das“, hat er geantwortet und angeboten, mir mitzuteilen, ob’s klappt, wenn ich ihm meine E-Mail-Adresse gebe. Das fand ich total klasse und es hat mich darin bestätigt, dass das Leben viel leichter ist, wenn man bis Aschermittwoch offen für das Positive ist.