In Viererreihen! Und seid pünktlich, Genossen!

Die chinesischen Behörden erlauben kleine Demos von Ausländern und Chinesen, sind aber streng, was die Ausführung betrifft

PEKING taz ■ In Chinas Hauptstadt haben gestern Morgen rund 200 Ausländer gegen den Irakkrieg demonstriert. Es ist der zweite Protest dieser Art, doch der erste mit offizieller Genehmigung der Behörden. Sie hatten eigentlich nur 150 Demonstranten zugelassen. Deshalb sollte früh erscheinen, wer wirklich demonstrieren wollte. Zu Beginn werden die Regeln verlesen: Gelaufen werden soll nur in Viererreihen, das Mitführen scharfer Gegenstände ist verboten, und wer vom Treffpunkt in einem Park beim Diplomatenviertel zur US-Botschaftsresidenz und zurück marschieren will, muss eine Armbinde tragen.

Die Polizisten sind jedoch entspannt, die Regeln werden nicht streng überwacht. Unter den Demonstranten aller Altersgruppen sind Briten, US-Amerikaner, Deutsche, Italiern, Sudanesen, Pakistaner. Alle tragen selbst gemachte Schilder. Auf Englisch, Chinesisch und Arabisch heißt es „Frieden“, „Gegen den Krieg“ oder „Ich schäme mich, Amerikaner zu sein“. Die Schilder müssen nach der Demonstration abgegeben werden.

„Die Demonstration ist ein historisches Ereignis“, meint der 26-jährige indische Sinologiestudent Atish Gosh. „Es ist das erste Mal, das Ausländer hier in China demonstrieren können.“ Auch einige Chinesen sind gekommen. Sie dürfen allerdings nicht teilnehmen. „Wir sind gegen den Krieg und wollen das die Leute auch wissen lassen. Wir kämpfen für den Frieden und das Wohlbefinden der unschuldigen irakischen Zivilisten“, erklären zwei Frauen, die sehr aufgewühlt wirken. Der einen kommen fast die Tränen, die andere wiederholt ihre Argumente immer wieder: „Weil es für uns schwieriger ist, unseren Standpunkt offen zu vertreten, sind wir hierher gekommen, um euch dies wenigstens mitzuteilen.“

Die für den Nachmittag geplante erste offiziell genehmigte chinesische Antikriegsdemonstration in einem Park im Osten Pekings wird von den Behörden kurzfristig um 90 Minuten vorverlegt, so dass die meisten potenziellen Teilnehmer sie verpassen. 100 Demonstranten waren erwartet worden, trotzdem kommen mehr Polizisten als zur Ausländerdemo am Morgen. Einige verspätete Demonstranten breiten ihre Plakate beim Park aus und werden geduldet.

Auch an der Peking-Universität gibt es nach Polizeiangaben eine sehr kleine geduldete Demonstration von Chinesen. Andere Demonstanten werden allerdings aus einer großen Einkaufsstraße im Stadtzentrum verscheucht. Einige sollen dabei festgenommen worden sein. Bereits am Freitag nach Kriegsbeginn hatten die ersten 50 Ausländer in Peking spontan demonstriert. SUSANNE KRIPPNER