: Reden bildet
Bremen sucht den Super-Rhetor: Beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ fand gestern im Alten Gymnasium eine von drei Vorentscheidungen statt – ein erfrischendes Happening der Argumente
taz ■ „Sollten biblische Grundkenntnisse zur Allgemeinbildung gehören?“ Das Finalthema war nicht gerade einfach, aber Julia, Marlene, Elisa und Jakob meisterten es bravurös. Vor allem Neuntklässler Jakob zog in der Aula des Alten Gymnasiums vom Leder, als habe er nie etwas anderes gemacht als vor Publikum zu argumentieren. Die Bibel sei „ein gewaltiger Literaturschatz“, darin gehe es um „Brudermord, Zerstörung, Krieg und auch um Liebe“, und „selbst der Kommunist Brecht“ habe gesagt, dass er dieses Buch auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Marlene stellte gar einen aktuellen Bezug her: „George W. Bush glaubt, er sei ein frommer Christ, aber er handelt überhaupt nicht christlich – in der Bibel steht auch was von Feindesliebe.“
Ziel des von der gemeinnützigen Hertie-Stiftung getragenen bundesweiten Wettbewerbs „Jugend debattiert“, an dem in Bremen das Alte Gymnasium sowie die Schulzentren Pestalozzistraße und Walliser Straße teilnehmen, ist es, Ausdrucksfähigkeit und freie Rede zu verbessern. Im Unterrichts-Training hätten die SchülerInnen „ohne Außenlenkung diskutiert – das hat funktioniert“, schwärmt der betreuende Lehrer am Alten Gymniasium, Mathias Pasdzior.
Gestern war schulinternes Finale am Alten Gymnasium: Die besten RednerInnen aus den Klassen der Sekundarstufen I und II trafen aufeinander. Eine Woche hatten die SchülerInnen Zeit, sich auf die von der Stiftung vorgegebenen Themen vorzubereiten. Das war nicht immer von Vorteil. Manche hatten Statements auswendig gelernt, andere zitierten ohne Unterlass „Studien“ oder verwiesen mit oberlehrerhaftem Gestus auf „Artikel 38 zwei Grundgesetz“.
Doch egal: Der Wettbewerb hatte erfrischenden Happening-Charakter. Die jungen Leute warfen sich – frenetisch unterstützt von den MitschülerInnen – die Argumente um die Ohren. Es ging um Umwelt, Krieg und Frieden, um die Schließung von Freizeitheimen – und immer wieder um PISA. „Ha, auf dieses Argument hab’ ich nur gewartet“, triumphierte der eine, „billigen Populismus“ witterte die andere.
Die Debattenregeln waren streng vorgegeben: Jeder der stets vier Diskutanten hatte zwei Minuten für ein Eröffnungsstatement. Dann folgten zwölf Minuten „freie Aussprache“, ehe jeder seinen Standpunkt noch einmal in einer Minute zusammenfassen durfte. Die aus Lehrern und Schülern zusammengesetzte Jury hatte die vier Kritierien Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft zu bewerten. Jeder Teilnehmer bekam nicht nur eine Punktewertung, sondern auch ein „Feedback“, was gut war und was hätte besser sein können: Einem Elftklässler war spontan „das ist doch schwachsinnig“ herausgerutscht. „Das geht gar nicht“, motzte ein Lehrer-Juror später, „nicht in der Sek. II“. Markus Jox
Das Landesfinale findet am 7. Mai ab 10 Uhr in der Bürgerschaft statt.