: Abstiegskampf wird nicht mehr geduldet
Die Fans von Borussia Mönchengladbach haben keine Lust auf ewigen Abstiegskampf – und reagieren mit Missmut. Im Heimspiel gegen Tabellenführer Werder Bremen haben sie ihrem Team damit jedenfalls nicht geholfen
BÖKELBERG taz ■ Angst war das Gefühl, das sich vom Moment des Anpfiffes an über den Mönchengladbacher Bökelberg legte. Vermischt mit Missmut über den ewigen Abstiegskampf, der hier seit dem Wiederaufstieg 2001 geführt werden muss. Die Fans vom der Borussia schienen keine Lust mehr zu haben auf den ewigen Blick auf die unteren Regionen. Das jedenfalls ist der nahe liegendste Grund für die Ungeduld, die die 28.000 ihre Mannschaft am Samstag spüren ließen. Bei der 1:2-Niederlage gegen den Tabellenführer aus Bremen wurde jeder Stockfehler auf einem grausamen Rasen mit verzweifelten „Ohhs“ begleitet, Rufe, die wie Mitleidsbekundungen wirkten – Selbstmitleid und Mitleid mit dem bescheiden agierenden Spielern gleichermaßen.
Das marode Stadion war von Beginn an erfüllt mit einer Mischung aus Furcht und schwindender Nachsicht – Emotionen, die Publikum und Spieler lähmten. „Man konnte sehen, dass die Mannschaft nervös ist, dass sie ständig Angst hatte, irgendwelche Fehler zu machen“, erklärte Trainer Holger Fach hernach die dürftige Darbietung seiner Mannschaft, die aber in der zweiten Halbzeit immerhin mit Leidenschaft überzeugen konnte. Doch das spielerische Defizit ist nun schon seit einigen Partien nicht mehr zu übersehen. Unter Fachs Vorgängern Ewald Lienen und Hans Meyer war es stets ein mannschaftlich geschlossenes Kombinationsspiel, an dem sich das Team in schwierigen Situationen aufbaute. Seit Fach die Profis trainiert, gilt nun nicht mehr das Primat des Kombinierens, vielmehr wird das Mittelfeld jetzt vorzugsweise mit langen Bällen, die vorne von den Offensivkräften im Zweikampf erobert werden sollen, überbrückt. Das führte in vielen Spielen durchaus zum Erfolg, gegen Bremen wirkte dieser Ansatz jedoch eine Halbzeit lang wie der Versuch einen Autoreifen mit Hilfe einer Schere zu wechseln. Die Defensive um den hervorragende Sladan Asanin agierte erstaunlich souverän gegen die stärkste Offensivmannschaft der Saison, deren Superheld Ailton allerdings wegen einer Grippe zunächst auf der Bank saß.
Bemerkenswert ist, dass die kampfstarken Spieler wie Asanin, Vertragsamateur Enrico Gaede, Arie van Lent oder Bernd Korzynietz unter Fach aufblühen, während spielstarke Typen wie Joonas Kolkka, Peer Kluge oder Ivo Ulich von Woche zu Woche schwächer werden. Der Paradigmenwechsel bei Borussia Mönchengladbach gewinnt an Kontur, ob er indes die nötigen Erfolge in Abstiegskampf bringt, darf bezweifelt werden. „Wir hätten hier zumindest einen Punkt verdient gehabt“, meinte Fach später nicht ganz zu unrecht. Nachdem Vaclav Sverkos das Team in der 51. Minute in Führung gebracht hatte, glaubten viele gar an einen Sieg. Doch den Bremern gelangen trotz schwächerer zweiter Halbzeit und Unterzahl nach einer Gelb-Roten Karte für Mladen Krstajic (71.) noch zwei Tore von Ivan Klasnic (54.) und Kapitän Frank Baumann in der Nachspielzeit. „Dieser Ausgang drückt einfach aus, wie es ist, wenn die eine Mannschaft oben steht und einen Lauf hat, während die andere eben unten steht“, erklärte Jeff Strasser das Pech seiner Mannschaft. Denn eigentlich hatten die Mönchengladbacher am Ende mehr Druck gemacht, auf Sieg gespielt, durchaus Chancen erarbeitet – und wohl zu viel riskiert.
Das offenkundige Pech war es denn auch, durch das sich Holger Fach zu einer der abgegriffensten Floskeln der Branche hinreißen ließ. „So etwas gleicht sich im Laufe einer Saison immer aus“, meinte er. Da die Borussia zum Ende der Hinserie jedoch bereits gewaltig von der Gunst des Fußballgottes profitiert hatte, könnte die ausgleichende Gerechtigkeit ihrer Arbeit beim Bremer Siegtreffer schon nachgegangen sein. Auf das Glück darf sich Fach also in den kommenden Spielen keineswegs verlassen. „Wir zittern trotzdem nicht wie Espenlaub“, versuchte Torhüter Jörg Stiel in der allgemeinen Niedergeschlagenheit wenigstens etwas Optimismus zu verbreiten. Es wird eine wichtige Aufgabe, die enttäuschten Erwartungen der Fans, nicht zur Bedrohung ausufern zu lassen. DANIEL THEWELEIT