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Archiv-Artikel

Genosse Strohhalm

Müntefering verbreitet unverdrossen Zuversicht für Hamburgs SPD. Rededuell mit Vorteilen für Mirow

Hamburg taz ■ Es sind drei Wochen vor der Bürgerschaftswahl eher Stimmungen als die nackten Zahlen, an denen sich die Hamburger SPD aufzurichten trachtet. Nach den Umfragen gähnt weiter das 30-Prozent-Loch, der Abstand zu den führenden Christdemokraten ist unverändert hoch, da muss dann halt Franz Müntefering als die neue Lichtgestalt der Partei herhalten, um Zuversicht zu wecken. Müntefering weilte gestern in der Stadt und hatte schon nach wenigen Stunden die politische Grundsituation genau erfasst: „Die Genossen sind gut drauf, und deswegen wird es am 29. Februar ein gutes Ergebnis geben.“

Hoffnung schöpft Spitzenkandidat Thomas Mirow auch aus dem vom Axel-Springer-Verlag veranstalteten Rededuell mit CDU-Bürgermeister Ole von Beust, bei dem er am Freitagabend als „klarer Punktsieger“ hervorging – so sieht es jedenfalls die SPD selbst. Während die CDU dies für von Beust auch reklamiert, liegt die Wahrheit erstaunlicherweise dazwischen. Während der Bürgermeister merkwürdig aggressiv und verkrampft wirkte, mit Attacken gegen die GAL die Wahlkampfstrategie des Staatsmanns mehrfach brüsk verletzte und erst am Ende der einstündigen Diskussion etwas zulegen konnte, machte der Herausforderer zumindest eine gute Figur, blieb relativ gelassen und war rhetorisch überlegen. Aber der von-Beust-Bonus wiegt schwer: Nach einer TED-Umfrage vom Wochenende sahen über 56 Prozent den Amtsinhaber trotzdem als Gewinner der Veranstaltung. Da 43 Prozent sich für Mirow aussprachen, reichte es für die SPD immerhin zu einer postwendenden Pressemitteilung mit dem optimistischen Tenor: „Thomas Mirow holt auf.“

Für den künftigen Bundesvorsitzenden der Sozialdemokratie ist das ohnehin Pflicht, jeden Anschein von Zweifel am Wahlsieg zu verscheuchen. „Alle, die vor Wochen schon einen Haken hinter diese Wahl machen wollten, werden sich gewaltig irren“, heißt die Durchhaltebotschaft aus dem Sauerland. Dazu wurden alte Kampa-Methoden aus der Kiste geholt und die Stunden bis zur Wahl als Countdown heruntergezählt. Dank Müntefering wissen wir jetzt, dass es gestern Nachmittag noch exakt 506 Stunden bis zum Ende der Stimmabgabe waren.

Und auch für den gescheiterten Generalsekretär und Noch-Landeschef Olaf Scholz hatte Müntefering ein paar tröstliche Worte parat, auch wenn die bestenfalls lauwarm herzlich ausfielen. Scholz werde sicherlich „seinen politischen Weg gehen und noch einiges zum politischen Leben in Deutschland beitragen“. Und ansonsten sei Scholz, „mit dem ich auch weiter gut zusammenarbeiten werde“, ja bereits Abgeordneter in Berlin, „und der Bundestag ist ja auch schon was.“ PETER AHRENS