: Berliner, verschwendet Wasser!
Bodo Weigert, Bio-Ingenieur und Geschäftsführer von Wasserforschung e. V., über die Gründe, warum sich in Berlin der Wasserverbrauch verringert hat, das Grundwasser steigt und wir trotzdem immer höhere Gebühren zahlen müssen
taz: Wie sieht es hier in Berlin mit dem Trinkwasser aus?
Bodo Weigert: Die Besonderheit Berlins als Weltmetropole ist, dass Berlin sein Wasser nur auf innerstädtischem Gebiet gewinnt. Das Uferfiltrat, also versickerndes Wasser aus den Gewässern Spree und Havel, und natürliches Grundwasser ergibt in der Summe das Trinkwasser. Ungefähr 70 Prozent Uferfiltrat und 30 Prozent Grundwasser.
Also 3,4 Millionen nutzen täglich Berliner Wasser, das als Abwasser wieder in die Gewässer zurückgeht. Trinken wir unser Wasser nicht mehrmals?
Ja, theoretisch ist das so. Manche sagen, wir sitzen in unserer Badewanne und trinken immer wieder unser Badewasser. Aber da wir eine hervorragende Aufbereitung haben, können Sie sicher sein, dass das Wasser wieder Grundwasserqualität hat.
Wie hat sich der Wasserverbrauch in Berlin in den letzten Jahren verändert?
Seit der Wende 1989 ist der Wasserverbrauch in Berlin von 140 Litern pro Tag und Kopf auf 125 Liter zurückgegangen. Da auch der Industriewasserverbrauch stark abgenommen hat, ist in Berlin der Wasserbrauch insgesamt um 40 Prozent zurückgegangen.
Eine positive Entwicklung.
Im Prinzip ja. Aber ein Problem ist, dass wir in Berlin dadurch auch einen Anstieg des Grundwasserspiegels haben. Und damit wird nun auch Bausubstanz geschädigt. Dieses Problem der feuchten Keller ergibt volkswirtschaftliche Kosten, die dagegengerechnet werden müssen.
Also: Sparen ist sinnlos, besser Wasser verschwenden?
Nein, denn insgesamt macht Wassersparen natürlich immer Sinn. Hier in Berlin ist man aber meines Erachtens an einer Grenze angelangt, wo tatsächlich diskutiert werden muss, ob es sinnvoll ist, Wassersparmaßnahmen noch weiter auszudehnen. Sonst wird der Grundwasserspiegel weiter ansteigen. Es ist kein Problem, das Grundwasser abzupumpen, das kostet aber Energie und ist ökologisch nicht sinnvoll.
In Berlin ist also Wasser im Überfluss da, trotzdem wird es immer teurer. Wie kommt das?
Was wir bezahlen, ist ja nicht das Wasser. Wir bezahlen die Dienstleistung, Wasser aus dem Hahn im Haus zu jeder Zeit zur Verfügung zu haben. Doch abgerechnet wird nach Kubikmetern. Nun liegen die Wasserleitungen weiterhin in der Erde und müssen gewartet werden. Dazu braucht es Investitionen. Nun wird aber weniger Volumen durchgeleitet. Das heißt, Geld muss reinkommen und der Wasserpreis steigt. Außerdem belastet der Senat mit dem Plan, eine Konzessionsabgabe zu erheben, den Wasserpreis.
Bedeutet das für mich als Verbraucher aber nicht, dass ich bei den hohen Preisen nun erst recht Wasser sparen möchte?
Ja, das ist wirklich ein Problem. Vielleicht muss man sich Gedanken machen, ob das nicht anders geregelt werden muss. Das ist ja eine Art Solidarpakt, den man als Verbraucher schließt: Wir alle nutzen das Leitungssystem, das in der Erde liegt, Trinkwasser und Abwasser. Wenn ich nun sage, ich nutze nur noch Regenwasser, weil mir das andere zu teuer ist, dann müssen die Leute, die übrig bleiben, diese Kosten übernehmen. Auch das wäre nicht sozial. INTERVIEW: ANNE RUPRECHT