Dreckig und überfischt

Sachverständige für Umwelt: Schutz für Nord- und Ostsee dringender denn je. Rot-Grün zum Handeln aufgefordert

BERLIN taz ■ Nord- und Ostsee sind überfischt, verdreckt und damit in akuter Gefahr, so die düstere Diagnose der Sachverständigen für Umweltfragen (SRU). Gestern überreichten sie ihr 400-seitiges Sondergutachten „Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee“ an Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Sie forderten „einschneidende Korrekturen“ in der Fischerei-, Agrar- und Chemiepolitik – und legten damit das erste umfassende Konzept zum Schutz der Meere vor.

„Wir sind dabei, den Kabeljau auszurotten“, sagte SRU-Generalssekretär Christian Hey. Die Fischbestände seien in den letzten Jahren „dramatisch dezimiert worden“. Der SRU fordert Schutzgebiete, in denen sich die Bestände wieder erholen können. Ein Fangstopp, für den sich auch Agrarminsterin Renate Künast einsetzt, ließ sich bisher nicht in Brüssel durchsetzen.

Sorgen machen den Experten die anhaltend hohen Einträge von Stickstoff und Phosphaten in die Meere. Die Düngesubstanzen gelangen von den Äckern über Flüsse ins Meer. Dort fördern sie das Wachstum von Algen, die dann den Sauerstoff aufzehren. Der Umweltrat plädiert deshalb für eine weitergehende Agrarwende, als sie Rot-Grün bisher plant. So solle mehr Geld in Umweltprogramme der Bauern gesteckt werden. Langfristig will der Umweltrat sich auch für eine Abgabe auf Stickstoff einsetzen. Und dafür, besonders giftige Chemikalien besser zu kontrollieren. Außerdem fordert er das schnelle Aus für Ein-Hüllen-Tanker.

Umweltminister Trittin kündigte als Reaktion auf den Bericht gestern an, zehn Schutzgebiete in Nord- und Ostsee auszuweisen. HG

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