Gangster mit weißen Kragen

Antifa, Atta und Aikido: Mit seinem neuen Krimi „Lenina kämpft“ stellt Robert Brack eine exzentrische Detektivin vor. Die kämpft gleich gegen Polizei, Politik und Unterwelt

Ein guter Kriminalroman ist immer auch ein Märchen. Damit das nicht so auffällt, sorgen möglichst viele Alltagsversatzstücke für eine traurige Realität und machen die Welt schlecht und das Böse richtig echt – aber am Ende gewinnen mit einigen Blessuren trotzdem die Guten.

Robert Brack versteht sich wunderbar auf diese märchenhaften Realitäten. In seinen Thrillern und Krimis schlagen etwas schattige Lichtgestalten wie polnische Exilanten, ewige Anarchisten, betrunkene Journalisten oder ehemalige Prostituierte den international operierenden Kriminellen der Unterwelt und der Führungsetagen eins ums andere Mal ein Schnippchen und verhelfen der höheren Gerechtigkeit zum Sieg.

Doch ab und an muss selbst einer dieser sympathischen Figuren sterben, zum Beispiel Peter Titus Rabe in Bracks neuem Roman „Lenina kämpft“. Tot zieht ihn die Polizei aus einem Hafenbecken. Ein Unfall soll den Inhaber einer kleinen Detektei in Hamburg-Ottensen dort hineingebracht haben, das allerdings kann seine Tochter genauso wenig glauben wie die Behauptung, der alte Linke, der sie nach dem Sieger der Oktoberrevolution taufte, habe für die „Deutsche Partei für die Ordnung“ des Hamburger Innensenators Schaller gearbeitet. Lenina macht sich auf, den Tod des Vaters aufzuklären und seine Ehre wiederherzustellen. Die Gelegenheitskellnerin tritt das Erbe an und wird zur charmanten und, wie es sich gehört, etwas exzentrischen Detektivin.

Liebevoll versieht Brack sie mit einigen anachronistischen Klischees – sie liebt klassische Musik, trägt trotz ihrer knapp 20 Jahre nicht nabelfrei und nimmt keine Drogen – und schickt sie mit dem zweiten Dan in Aikido und der damit verbundenen inneren Ruhe in den Kampf. Der Feind ist stark, denn längst vereint sind Politik, Polizei, Unterwelt und „Weiße Kragen Gangster“ im von rechten Populisten regierten Hamburg, aber mit Lenina sind Attac, Antifa und Zollfahndung. Mit gekonnter Leichtigkeit und der nötigen ironischen Distanz führt Brack die Seinen zum Sieg.

Am Ende ist der Böse mit der schwarzen Maske tot und der Vater gerächt. Lenina übernimmt das Büro, und das lässt hoffen. Vielleicht klappt es mit dem Prinzen im nächsten Band.

CARSTEN WÜRMANN

Robert Brack: „Lenina kämpft“. Edition Nautilus, Hamburg 2003, 190 Seiten, 12,90 €