: Politiker und Banker
Der Chef des irakischen Nationalkongresses, Ahmed Chalabi, genießt auch in den USA einen zweifelhaften Ruf
BERLIN taz ■ In einem Anflug seltener Bescheidenheit hat der irakische Exilpolitiker Ahmed Chalabi kürzlich erklärt, er strebe kein Amt in einer Übergangsregierung an. Mit der Koketterie ist es jetzt aber vorbei. Nach einem Bericht der Washington Post wurde Chalabi am Wochenende zusammen mit 700 irakischen „Freiheitskämpfern“ von der US-Luftwaffe von Kurdistan in die südirakische Stadt Nassirija geflogen.
Die Kämpfer sollen den Kern der künftigen irakischen Armee bilden, aber auch an der Umsetzung der humanitären Hilfe beteiligt werden. Der 58-jährige Chef des Irakischen Nationalkongresses (INC) gilt seit langem als Favorit des Pentagons. Für seine Anhänger ist er ein aufrechter Demokrat, für seine Gegner, die sich im US-Außenministerium und der CIA finden, ein dubioser Geschäftemacher. Ungeklärt ist bis heute die Pleite seiner Petra-Bank im jordanischen Amman, beim INC soll er Millionenbeträge veruntreut haben.
Der Spross eines alten schiitischen Handelsgeschlechts verließ den Irak 1958. Sein politischer Aufstieg begann 1992, als er Sprecher des Dachverbandes INC wurde. Daraufhin ließ sich Chalabi in Kurdistan nieder. Doch nach einem fehlgeschlagenen Umsturzversuch gemeinsam mit der CIA musste der INC seine Büros schließen, das Bündnis versank in den Intrigen sich bekämpfender Fraktionen.
Chalabis Einfluss stieg erst wieder, als seine Freunde im Pentagon mit den Planungen für den irakischen Regimewechsel begannen. Von Nassirija hat er das irakische Volk jetzt zum Sturz des Regimes aufgerufen. Ob es ihm folgt, ist fraglich. Aber zumindest die Rückendeckung des Pentagons dürfte ihm auch in Zukunft sicher sein. INGA ROGG