: Gen Mekka
In Deutschland leben mehr als drei Millionen Muslime, die aus 42 verschiedenen Ländern stammen. Die meisten kommen aus der Türkei und Bosnien-Herzegowina. Die größte Gruppe stellen die Angehörigen der hanifitischen Rechtsschule, benannt nach dem Rechtsgelehrten Abu Hanifa (699 bis 767).
Beim Umgang mit Verstorbenen gibt es unter den Muslimen traditionelle Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten. So ist es bei den Muslimen immer noch weit verbreitet, ihre Toten in die Herkunftsländer zu überführen, obwohl es in Deutschland – vor allem in den Großstädten – seit langem islamische Friedhöfe oder Teilfriedhöfe gibt. In Berlin, Hamburg, Frankfurt und München gibt es zudem zahlreiche islamische Beerdigungsinstitute. Religiösen Beistand und Rat erhalten die Muslime von den Geistlichen, die sie in jeder Moschee aufsuchen können.
Vor der Beerdigung erfolgt die nach strengen Regeln vorzunehmende rituelle Totenwaschung, die den Verstorbenen von den irdischen Sünden reinigen soll. Der oder die Tote soll von Verwandten desselben Geschlechts gewaschen und parfümiert werden. Begonnen wird mit der Waschung der rechten Körperseite; diese wird drei-, fünf-, oder siebenmal wiederholt, gelegentlich noch häufiger.
Danach hüllt man den Leichnam in ein weißes Tuch, für das genaue Vorschriften existieren über Beschaffenheit, Größe und Anzahl der Stofflagen. Sofern der Verstorbene zu Lebzeiten eine Pilgerfahrt nach Mekka unternommen hat, kann er auch in seinem Pilgergewand bestattet werden. Die Stoffe müssen von Frauen hergestellt worden sein, die keine Regelblutungen mehr haben. Somit sei gewährleistet, dass das Tuch nicht im Zustand der rituellen Unreinheit verarbeitet wurde.
Während der Waschung werden Korantexte rezitiert. Das Totengebet hingegen wird üblicherweise erst kurz vor oder während der Beerdigung gesprochen. Darin ist die Bitte um Vergebung für den Toten eingeschlossen sowie die Bitte an den Toten, bei Allah Fürsprache für die Lebenden einzulegen.
Die Angehörigen tragen den Sarg zur Ruhestätte. Das Grab muss so ausgerichtet sein, dass der Tote darin mit Blickrichtung nach Mekka liegt, dem religiösen Zentrum der Muslime. Dort ist der Prophet Mohammed beerdigt. Übertriebener Grabschmuck soll vermieden werden, auch ist es den Muslimen fremd, das Grab über lange Zeit zu pflegen oder mit Blumen zu bepflanzen.
Muslimische Theologen verurteilen Zeichen übertriebener Trauer, wie das Zerreißen der Kleider, das Schlagen an die Brust oder ins Gesicht. Dies wird als mangelnder Glaube und unnötige Störung des Seelenfriedens des Verstorbenen angesehen. Dennoch sieht man oft, wie Muslime bei einem Trauerfall laut wehklagen. Dieses Verhalten ist in vielen Gesellschaften noch aus vorislamischen Zeiten erhalten. Von Region zu Region wird die Trauer in der islamischen Welt sehr unterschiedlich ausgelebt.
Zahlreiche Einzelvorschriften beim Umgang mit Toten machen die Bestattung sehr kompliziert. Werden die Regeln von Hinterbliebenen gebrochen, gilt dies als Sünde. Letztlich hoffen aber alle gläubigen Muslime auf das Erbarmen Allahs und auf Vergebung ihrer Sünden. So wie im nebenstehenden Text Sulejman, der sich an zahlreiche dieser Gebote nicht gehalten hat. SEAD HUSIC