: Der Sinn des Elefanten
Auf den Spuren des Kolonialismus begegnet man in Bremen Mohren, Militärs und Museumsgründern
Es regnet in Strömen als sich zirka 35 Menschen mit ihren Fahrrädern um ein Straßenschild in Schwachhausen versammeln. Lüderitzstraße steht auf dem Schild und das macht es zu einem unscheinbaren Zeichen Bremer Kolonialgeschichte. Franz Adolf Eduard Lüderitz war Sohn eines Bremer Tabakhändlers, erzählt Nils Bolm. Mit seinem privaten Landerwerb habe er die Grundlage für die Kolonie Deutsch-Südwestafrika gelegt.
Bolm gehört zu Polka, einer Gruppe, die im Rahmen des selbstverwalteten Kulturcafés Kurzschluss politische Veranstaltungen organisiert. So auch jenen Sonntagsspaziergang im Herbst: „Wir sind keine Experten auf dem Gebiet, jeder kann sich gerne beteiligen“, sagt Sabine Zetsche, eine der VeranstalterInnen, die sich mit ihren Vorträgen an den Stationen abwechseln.
Zetsches Station ist die Elefantenstatue am Stern, die heute als antikolonialistisches Denkmal gilt. Die sei als Mahnung gebaut worden, die verlorenen Kolonialgebiete zurückzugewinnen. „Bei der Einweihung 1932 waren zahlreiche Offiziere anwesend, es war eine Demonstration des rechten Bremens“, sagt Zetsche.
Einige der TeilnehmerInnen schauen sich den Elefanten noch näher an, die ersten radeln schon weiter. Nächste Station: das Überseemuseum. Den Gründer des Museums, Hugo Schauinsland, zitiert Kulturwissenschaftsstudentin Regina Kahl folgendermaßen: Es sei wichtig, „der weitesten Allgemeinheit zu zeigen, was wir an unseren Kolonien verloren haben“. Trotz solcher Äußerungen werde Schauinsland noch immer unkritisch gewürdigt, sagt Kahl.
Der Regen wird stärker auf dem Weg in die Neustadt, die Teilnehmer spekulieren über Krankheitsbilder am nächsten Morgen. Doch zunächst erwartet sie eine erfreuliche Neuigkeit. Zwar hat der Besitzer der „Mohren-Apotheke“, autonomen Ö-Strich-Aktionen zum Trotz, sie nicht umbenannt (taz berichtete). Die im Kolonialstil gehaltene Skulptur hat er aber entfernt.
Nach einer Abstimmung werden die restlichen Vorträge ins Café verlegt, ins Warme. Dort ist die Waller Karl-Peters-Straße Thema. „Mkono wa damu“ nannte man ihn in Afrika, die blutige Hand. Bernhard Rahe beschreibt Peters Leben: Er habe vergewaltigt und gemordet in dem von ihm gegründeten Deutsch-Ostafrika und sei sogar unehrenhaft aus dem Reichsdienst entlassen worden. „Wahnsinnig traurig“, findet der Waller Ortsamtsleiter Hans-Peter Mester, dass die Straße noch immer so heißt. „Die Versuche, den Namen zu ändern, sind vom Senat abgelehnt worden“, erzählt er. Der Pressesprecher des Bauressorts, Michael Ortmanns, meint dazu: „Das war wohl vor der Wahl. Wir stehen Namensänderungen offen gegenüber.“
JANA WAGNER