Krieg im Irak oder gegen die Armut

Die Frühjahrstagung von IWF und Weltbank wird von der Debatte um den Wiederaufbau des Iraks dominiert. Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul warnt: Geld darf nicht aus anderen armen Regionen abgezogen werden

aus Berlin KATHARINA KOUFEN

Selten ist die Diskrepanz zwischen offizieller und inoffizieller Tagesordnung so groß gewesen wie an diesem Wochenende, wenn sich die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) zu ihrer Frühjahrstagung treffen. Offiziell werden die Teilnehmer in Washington über Armutsbekämpfung, mehr Mitsprache für Entwicklungsländer und ein internationales Insolvenzrecht für bankrotte Staaten sprechen (siehe taz vom 9. 4.). Inoffiziell jedoch, das kündigte US-Finanzminister John Snow gestern schon einmal an, ist das zentrale Thema der Wiederaufbau des Irak: Wer beteiligt sich wie, mit welcher Summe und unter wessen Führung?

Sowohl die Bundesrepublik als auch die Weltbank, an der Deutschland immerhin drittgrößter Anteilseigner ist, haben ihre Haltung bereits deutlich gemacht: Beteiligung am Wiederaufbau nur unter UN-Mandat. Weltbank-Chef James Wolfensohn befindet sich allerdings im Spagat zwischen dem Wunsch nach Beteiligung und der Ablehnung eines UN-Mandats: Den mit Abstand größten Anteil an der Bank halten die Vereinigten Staaten – und die sind gegen eine Führungsrolle der UNO. Letztlich, das weiß Wolfensohn und das wissen auch die deutschen Delegierten, gilt bei der Weltbank wie im IWF: Gegen den Willen der USA geht nichts. So handelte sich der Weltbankchef mit seiner Forderung nach einem UN-Mandat gestern auch prompt Kritik von US-Finanzminister Snow ein.

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die Deutschland in der Weltbank vertritt, hofft trotzdem, dass sich die Spaltung in Kriegswillige und Kriegsgegner nicht in der Weltbank fortsetzt. Vor ihrem Abflug nach Washington sagte sie gestern, zumindest die vier europäischen Ministerinnen im Entwicklungskomitee von Weltbank und IWF sprächen mit einer Stimme. Zu ihnen gehört auch die Britin Clair Short, die aus Protest gegen den Krieg fast zurückgetreten wäre. Wieczorek-Zeul will sich auch dafür stark machen, dass das Geld für den Wiederaufbau nicht aus anderen Regionen abgezogen wird, etwa aus Entwicklungsländern, die nicht im Fokus des Weltgeschehen stehen. „Die Mittel für den Irak müssen immer zusätzliche Mittel sein“, so die Ministerin.

Die G-7-Minister wollen in Washington außerdem über einen möglichen Schuldenerlass für den Irak sprechen. Dessen Auslandsverbindlichkeiten belaufen sich nach IWF-Schätzung auf 65 bis 100 Milliarden Dollar. Auf Deutschland entfallen davon 4 Milliarden Dollar.

Was die finanzielle Beteiligung der Bundesrepublik betrifft, so steht bisher nur fest, dass sie 50 Millionen Euro zur humanitären Hilfe beisteuert. Diese Summe könnte allerdings „bei Bedarf aufgestockt werden“, erklärte die Ministerin. Darüberhinaus erwäge man auch, schwerkranke Kinder aus irakischen Krankenhäusern zur Behandlung nach Deutschland zu fliegen.

Das Unwohlsein der Kriegsgegner, die am Wochenende ihren Kollegen aus den kriegführenden Ländern gegenübersitzen werden, brachte der Weltbank-Chef im Vorfeld der Tagung noch einmal auf den Punkt: „Es liegt eine gewisse Befremdlichkeit darin, Kriege durchzuführen, deren Folgen anschließend beseitigt werden müssen.“ Wolfensohn: „Ich halte jeden Krieg für eine Verschwendung.“