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Archiv-Artikel

Frühstück bei Haider

Kärnten ist das einzige Bundesland Österreichs, in dem Rechtspopulist Jörg Haider noch ernst genommen wird. Kein Wunder, dass er alles tut, um seinen Posten als Landeshauptmann zu behalten

AUS KLAGENFURT RALF LEONHARD

Jörg Haider hat wenig übrig für Journalisten aus dem Ausland. In der Presse jenseits der Grenzen kommt er in der Regel noch schlechter weg als in der heimischen.

Trotzdem ist er geradezu süchtig nach Aufmerksamkeit. Er kommt an keiner Kamera, keinem Mikrofon vorbei. Seine Sprüche sind immer gut für Schlagzeilen der Entrüstung. Und Entrüstung im Ausland ist immer noch die beste Garantie für Wählerstimmen. So konnte der Landeshauptmann von Kärnten auch die Bitte des Verbandes der Auslandspresse nach einem Pressefrühstück nicht abschlagen. Es ist Wahlkampf. Und Bad News sind besser als gar keine.

Eine breite Freitreppe führt zum Landhaus am Rande der Klagenfurter Innenstadt. Dort liegen die Amtsräume von Haider. Von der Vorhalle führt ein Gang nach links. Ein Schild verrät, dass der Landeshauptmann gleichzeitig Seniorenreferent ist. Zur „Zahlstelle für Pensionisten“ weist dort ein Pfeil. Wenige Tage vorher konnte man dort den Seniorenreferenten Haider – im braunen Kärntner Anzug mit Hirschhornknöpfen – antreffen, wie er höchstselbst den Rentnern in barer Münze jene Verluste ausglich, die die Bundesregierung ihnen beschert hatte.

Haider läuft immer dann zu Höchstform auf, wenn er Opposition und gütiger Landesherr gleichzeitig spielen kann. Dass er selbst die Regelung mit verhandelt und seine Parteigenossen sie in Ministerrat und Parlament mit beschlossen hatten, tat nichts zur Sache. Mitten im Wahlkampf konnte er einmal mehr Robin Hood spielen.

Der Landeshauptmann – diesmal in Anzug und Krawatte – erscheint mit nur geringer Verspätung im Saal, wo inzwischen Kaffee und Kuchen aufgetischt wurden, und referiert all seine Taten, die dem Bundesland Kärnten die gebührende Bedeutung in der Welt verschafft hätten. Schuld an der wirtschaftlichen Rückständigkeit Kärntens sei die Grenzlage und jene „163 Kilometer lange tote Grenze, die uns von der wirtschaftlichen Entwicklung abgeschnitten hat.“ Aber jetzt sei alles anders und überhaupt wenn Slowenien jetzt zur EU komme …

Wer Haider als hoffnungslosen Deutschtümler in Erinnerung hat, bekommt den Weltmann präsentiert, der Kärnten zum Sprungbrett nach Südosteuropa machen will, der eng mit dem Triester Sozialdemokraten Riccardo Illy zusammenarbeitet und die „intensive Nachbarschaftspolitik im Rahmen der Alpen-Adria-Initiative“ preist.

Jörg Haider, so belehrt er die skeptischen Besucher, habe dafür gesorgt, dass sich High-Tech-Betriebe in Kärnten ansiedeln, er habe Technologieparks geschaffen und lasse einen Nord-Süd-Korridor vom Kanaltal über die Tauernstrecke anlegen. Eine Kärntner Bank mache in den östlichen Nachbarländern Furore. Und so weiter. Mit einem Wort: Fortschritt und Modernisierung haben einen Namen: Jörg Haider. Und schließlich sollte auch die Eventkultur nicht belächelt werden. Das Beach-Volleyball-Turnier, der Ironman-Triathlon und die Tennis-Trophy am Wörther See zögen im Sommer tausende Fans an, die Seebühne mit populären Musicals locke Touristen wie Einheimische.

Es gibt kein Ereignis, das nicht von Haider persönlich eröffnet würde. Die bunten Broschüren über die Top Events 2003 legen davon Zeugnis ab. Ob Bodypainting Festival, European Bike Week oder „Festreigen für das Kärntner Brauchtum“. Es ist was los in Kärnten.

Was sind dagegen schon Arbeitslosenzahlen, geringe Kaufkraft im Vergleich zu Restösterreich, höhere Landessteuern und steigende Mietkosten? So gibt sich der in Oberösterreich geborene Wahlkärntner optimistisch, dass er seinen Posten auch nach den Landtagswahlen vom 7. März behalten wird. Sein Wahlkampf ist eine One-Man-Show. Jede Verbindung mit der FPÖ, die landesweit um die acht Prozent herumdümpelt, tritt in den Hintergrund. Selbst auf den Kulis und Feuerzeugen, die an den FPÖ-Ständen verteilt werden, kommt das Parteilogo nicht vor. Die Botschaft ist eindeutig: „Wir Kärntner. Unser Landeshauptmann Jörg Haider. www.joerg1.at“.

Kärnten ist das einzige Bundesland, in dem Jörg Haider noch ernst genommen wird. Wo sein populistischer Stil noch ankommt. Selbst überzeugte Sozialdemokraten oder ÖVP-Anhänger werden ihn wählen. Kein Wunder, dass er alles daran setzt, seinen Posten zu verteidigen.

Alle Alternativen erscheinen ihm uninteressant. Ins EU-Parlament? „Das wäre irgendwie langweilig. Hier kann man mehr europäische Politik machen.“ Doch noch einen Anlauf auf das Bundeskanzleramt? „Wenn ich mir so anschau, wie Schüssel sich derzeit quälen muss, hab ich nicht wirklich den Wunsch.“

Und was, wenn er die Wahlen doch verlieren sollte? Geht er dann mit 54 in Pension? „Das wird nicht passieren!“