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Archiv-Artikel

Alfred und das Hefeextrakt

Echt Böse im Party-Format: Der Hamburger HipHop-Combo Deichkind fällt im Tower zu Pannen nichts ein

Zur Eröffnung: „Über sieben Brücken musst du gehen“. DJ Sebi steht da, regungslos, die Arme zum Playback hochgerissen, und stiert debil ins Publikum. „Ich muss eine Warnung aussprechen – wir sind lang nicht aufgetreten. Aber das macht nichts.“ DJ Sebi stiert weiter. Sein Job an diesem Abend im Tower: Die HipHop-Variante von Alfred E. Neumann auf die Bühne bringen. Später wird er eurhythmisch tanzen und aus leibeskräften ins Mikro brüllen: „Macht ALLE mit, sonst werde ich echt BÖSE.“ Das ist nett. DJ Sebi dürfte auch den jüngeren unter den Fans gerade bis zum Brustbein reichen.

Die Hamburger HipHop-Combo Deichkind unterwegs unter der Überschrift „Die zauberhafte Tour“: Im Programm fast ausschließlich die Songs der aktuellen CD „Noch fünf Minuten Mutti“, Rapper Buddy mag nämlich lieber den „Neuzeit-Shit“. Und der drückt live schwer und konventionell aus den Boxen, reduziert auf das Notwendigste: „Du kennst nicht das Geheimnis, mach dich neidisch. Das ist der Megakick, da bounct jeder mit“. Gewöhnliche HipHop-Rhetorik. Wenn‘s nur nicht so weit an der Realität vorbei wäre.

Mittendrin eine Panne, das Mischpult streikt. DJ Sebis debiles Grinsen wird noch debiler. Der Rest der Deichkinder ist überfordert mit der Situation, aus den Boxen knarzt es nur noch. Buddy fällt ein: „Das könnte eine neue Kunstform sein.“ Hilflose HipHop-Rhetorik.

Dann lieber formatierte HipHop-Party: „Hebt bitte alle euer Hefeextrakt“ schreit Deichkind Philipp und zum Schluss gibt‘s dann doch unvermeindlich den Hit von damals. Na denn: „Bon Voyage“. Klaus Irler