: Spalte und herrsche
Die Isolierung der linken SPD-Abweichler zeigt Wirkung: Schreiner lenkt ein. Doch der Konflikt ist nicht beendet
BERLIN taz ■ Ist die Operation „Spalte und herrsche“ geglückt? Nach anhaltenden Bemühungen der SPD-Führung, die zwölf Parlamentarier, die ein Mitgliederbegehren über die Agenda 2010 einleiteten, politisch zu isolieren, zeigen diese erste Ermüdungserscheinungen. Am Ostersonntag kündigte der prominenteste Organisator, Ottmar Schreiner, an, dass das Begehren abgesagt werden könne, falls der Parteilinken auf dem Sonderparteitag am 1. Juni „eine Brücke“ gebaut werde.
Zuvor hatten Generalsekretär Olaf Scholz und Fraktionschef Franz Müntefering mit den Daumenschrauben geklappert: Schritte wegen „parteischädigenden Verhaltens“ werde es wohl nicht geben, so Scholz am Wochenende. Dennoch werde „die SPD genau registrieren“, in welcher Heimlichkeit das Begehren initiiert worden sei. Müntefering warnte: Wer dem Begehren zum Erfolg verhelfe, mache die SPD „auf Jahre reformunfähig“ und ziele auf das „totale Scheitern der Regierungpolitik“.
Ob eine von Schreiner anvisierte „Brücke“ in einem Kompromisspapier liegen könnte, das die parlamentarische Linke um Michael Müller diese Woche mit Schröder debattieren wird, ist allerdings nicht klar. Denn in dem Papier geht es um eine Abmilderung der Sozialkürzungen. Eine Härtefallregelung beim Arbeitslosengeld etwa, oder dass die Arbeitslosenhilfe doch nicht auf das Niveau der Sozialhilfe abgesenkt wird.
Die Begehrens-Linken dagegen wollen eine bessere Finanzierung der Systeme, de facto eine Umverteilung über mehr Steuern für Reiche. Wenn sie sich auf die Spar-Variante zurückstutzen ließen, hätten sie den „gestaltenden“ Teil ihrer Vorhaben aufgegeben. Ihre Ideen aber sind nicht ganz so abwegig, wie die Disziplinierer vom Dienst, Scholz und Müntefering, es darstellen: Eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialsysteme, die die Mittelschicht stärker belastet, gibt es in vielen europäischen Ländern. Allerdings, und das verschweigt die Linke gerne, muss auch dort gespart werden.
Dennoch ist zweifelhaft, ob Schröders Methode „Handlungsfähigkeit demonstrieren durch Härte“ klug ist, obwohl der Medienkanzler diverse Medien damit beeindruckt. Die Partei dagegen verunsichert er: Am Wochenende zogen plötzlich die Kanzlerunterstützer vom parteirechten Seeheimer Kreis über Olaf Scholz her: Er zeige keinerlei „Feeling“ für den „Diskussionsnotstand“ in der Partei, teilte etwa die Bundestags-Vizepräsidentin Susanne Kastner aus. Schließlich tauchte sogar Björn Engholm aus der Versenkung auf und rief nach Oskar Lafontaine – und der antwortete. Auf dem Frankfurter Ostermarsch äußerte er sich unfriedlich zum Thema Sozialreformen: „Eine Rückfahrt ins 19. Jahrhundert ohne Kündigungsschutz und Arbeitnehmerrechte brauchen wir nicht“, rief er. HEIDE OESTREICH
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