Keine Gnadenfrist

Familie Mula ist seit zehn Jahren in Dortmund zu Hause und soll im April abgeschoben werden. Ein Freundeskreis aus will das verhindern

„Die Stadt hat leider keinen Verhandlungsspielraum mehr. Der Gnadenweg ist uns verschlossen“

VON ELLEN REGLITZ

„Wer kann überhaupt noch in Deutschland bleiben, wenn nicht diese Familie“, fragt Wolfram Frebel, Mitglied im Fraktionsvorstand der Grünen in Dortmund. Seit 10 Jahren lebt Familie Mula in Deutschland, der jüngste Sohn Fatmir ist sogar hier geboren. Vater Abdurahman (44), seine Frau Zarife (41) und die drei Söhne fühlen sich in Dortmund Hombruch zuhause, schließlich sind sie nach so langer Zeit fest integriert. Trotzdem droht im April die Abschiebung. Ein Freundeskreis will helfen und hat bereits über 1300 Unterschriften gesammelt.

Die fünfköpfige Familie Mula floh Anfang der 90er Jahre aus dem südlichen Kosovo zunächst nach Mazedonien, von dort aus kam sie kurze Zeit später nach Deutschland. Die beiden älteren Jungs Faik (17) und Gyner (14) gehen in Dortmund zur Schule, der kleine Fatmir (5) besucht noch den Kindergarten. Gyner spielt im Hombrucher SV Fußball. „Er ist ein sehr guter Spieler“, erzählt Ralf Schuchmann, Jugendleiter des Vereins. Weil der Verein weiß, wie integriert Familie Mula in Hombruch ist, gehört er dem Freundeskreis an. Außerdem engagiert sich auch der Arbeitskreis Flüchtlinge, der Ausländerbeirat und die Grüne Fraktion Dortmund für die Familie.

Auch Gyners Schule, die Hauptschule Kley, setzt sich für die Mulas ein. „Wir wünschen uns mindestens einen Aufschub der Abschiebung bis zum Juli“, so Alfred Maurer, der die Schule in dieser Angelegenheit vertritt. Dann hätte der älteste Sohn Faik wenigstens seinen Realschulabschluss in der Tasche. Ob der ihm im Kosovo überhaupt nützt, bezweifelt Faik. „Was soll ich da anfangen?“ fragt er. 80 Prozent der Bevölkerung im Kosovo sind arbeitslos, keine guten Aussichten für die Familie. Faik hat sich in Dortmund an der Fachoberschule angemeldet, hier gäbe es für ihn eine Zukunft. Im Fall einer Abschiebung in den Kosovo sieht Mutter Zarife für die Zukunft der Familie schwarz: „Die Kinder sprechen nur Deutsch, sie müssten die Landessprache erst lernen.“

Wolfram Frebel meint, die Stadt hätte ihren Ermessensspielraum zu Gunsten der Familie nicht voll ausgenutzt. „Die Ausländerbehörde hätte schon vor langer Zeit eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen sollen“, so Frebel. Oberbürgermeister Gerd Langemeyer (SPD) kann nur noch sein Bedauern äußern: „Die Stadt hat leider keinen Verhandlungsspielraum mehr. Der Gnadenweg ist uns verschlossen.“

Enttäuscht ist auch Siegfried Stange, der Bezirksvertreter der Grünen in Hombruch ist und die Familie seit langer Zeit begleitet. Er organisiert die Aktionen des Freundeskreises. Trotz aller Bemühungen scheint das Schicksal der Familie Mula unabwendbar. Momentan wird die Familie noch als Angehörige der türkischsprachigen Minderheit geduldet. Weil ihr Asylantrag in zweiter Instanz abgelehnt wurde, droht im April die Abschiebung. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen prüft derzeit noch die Auslegung der Duldungsgründe. „Ich habe nur noch wenig Hoffnung“, sagt Zarife Mula, „Aber mit dem Freundeskreis fühle ich mich stärker.“