zahl der woche
: Die ungewisse Zukunft von ProSiebenSat.1

Es ist in diesen Zeiten nicht leicht auszumachen, wo sich die ProSiebenSat.1-Gruppe befindet. Der Bahnhof von Unterföhring bei München ist eine einzige Baustelle, den Ausblick auf das ansonsten unübersehbare ProSiebenSat.1-Gebäude verwehrt ein hoher Bauzaun. Das angestrebte Ziel, die gestrige Bilanzpressekonferenz, erreicht man nur auf morastigen Umwegen. Wer aber doch am Ziel angelangt ist und den Ausführungen von Vorstandschef Urs Rohner lauscht, den beschleicht schon nach kurzer Zeit das Gefühl, dass der schwierige Anmarsch als Sinnbild für die Lage des Unternehmens zu verstehen ist.

Dabei klingen die Zahlen ganz gut. Um sagenhafte 171 Prozent hat die Mediengruppe ihren Gewinn vor Abzug der Steuern im ersten Geschäftsjahr unter dem neuen Eigentümer, US-Milliardär Haim Saban, gesteigert – von 21 auf 57 Millionen Euro. Das verwundert allerdings ein wenig, denn der Umsatz ist 2003 von 1,895 Milliarden Euro auf 1,807 Millionen Euro um knapp fünf Prozent gesunken, was in etwa dem Rückgang auf dem gesamten Fernsehwerbemarkt in Deutschland entspricht. Das Geheimnis des Erfolges liegt in der ungemeinen Sparsamkeit bei ProSiebenSat.1 Gleich um elf Prozent oder 207 Millionen Euro hat die Sendegruppe ihre Ausgaben reduziert, wobei ein großer Teil auf den nur bedingt gewollten Verlust der Übertragungsrechte für den Bundesliga-Fußball entfällt. Natürlich wurde auch beim Personal gespart. Fast 300 Stellen fielen weg, jetzt sind noch knapp 2.800 Mitarbeiter bei ProSiebenSat.1 beschäftigt. Besonders hart traf es dabei den Nachrichtensender N24, bei dem gleich 90 von 265 Arbeitsplätzen gestrichen wurden. Wie N24 angesichts dieses Kahlschlags zur „führenden Marke im Informationssegment ausgebaut“ werden soll, wie Rohner ankündigte, bleibt sein Geheimnis.

Abgesehen von N24 schreiben aber alle Sender der Gruppe schwarze Zahlen, sogar SAT.1 ist nach fast 100 Millionen Euro Verlust im Vorjahr nun mit 5 Millionen Euro in die Gewinnzone gerutscht. ProSieben allerdings, das wirtschaftliche Zugpferd der Gruppe, hat mit jetzt 135 Millionen Euro gleich ein Drittel seines Vorjahresgewinnes verloren. Es sind diese widersprüchlichen Zahlen, es ist die unübersichtliche Lage auf dem Markt für Spielfilmrechte und US-Serien, und es ist der stagnierende Werbemarkt, die zusammen einige Zweifel aufkommen lassen, wie es mit ProSiebenSat.1 weitergeht. Ein mögliches neues Geschäftsfeld soll die Etablierung einer Pay-TV-Sparte sein, doch damit will man sich laut Rohner noch Zeit lassen. Das wird man ein paar Meter entfernt auf der anderen Seite der Unterföhringer Medienallee gern gehört haben. Dort sitzt der Bezahlsender Premiere. J. SCHALLENBERG