DER RECHTE RAND
: Treue um Treue

Ihre „Ehre“ heißt immer noch „Treue“. Der Leitspruch der Nazi-Schutzstaffel (SS) gilt bei der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS“ (HIAG). Sie haben das Motto nur leicht erweitert: „Ehre, Treue, Kameradschaft ist weiter unser Ziel“. So zu hören am Totensonntag auf dem Soldatenfriedhof Essel, als „alte Kämpfer“ und „junge Mitstreiter“ der „Gefallenen verschiedener Waffengattungen“ gedachten.

„Wie lange will der Landkreis dieses braune Treiben noch dulden?“, fragt Charly Braun vom DGB Soltau-Fallingbostel. Der 1950 von der niedersächsischen Gemeinde errichtete Soldatenfriedhof wird wieder zur Nazi-Pilgerstätte. 114 „Kämpfer“ sind hier begraben, schon eine Woche zuvor hatten ihnen gut 30 Neonazis gehuldigt, denn: „Ihr Opfer ist unser Auftrag“.

Am Totensonntag stimmte dort jetzt etwa 50 Waffen-SSler, Neonazis und Burschenschaftler das Lied vom „Guten Kameraden“ an, die HIAG Hannover legte einen Kranz ab. Die Soldaten seien „getreu ihres Fahneneides fürs Vaterland“ gefallen.

Essel war schon einmal ein Wallfahrtsort für die rechte Szene. 1983 hatten HIAG-Anhänger vor dem Friedhof Gegendemonstranten angegriffen. Ein Transparent „Verbot der HIAG-Waffen SS“ hatten sie zerrissen. Nach weiteren Protesten waren sie dem Friedhof jedoch fern geblieben – bis jetzt.

Die Öffentlichkeit sucht die HIAG selten. Zu ihren Veranstaltungen im Norden kommen mitunter über 300 Anhänger, oft begleitet von ihren Enkeln. Vor knapp zwei Jahren flog in Hamburg auf, dass der Landesverband seine Monatstreffen im gutbürgerlichen „Remter“ abhielt, der Gaststätte der Hamburger Handwerkskammer.

Nach Protesten setzte die Handwerkskammer die ewig Gestrigen vor die Tür. „Soweit ist es mit dem Vaterland gekommen“, schimpften die. Vielleicht zetern sie auch bald in Essel.

Hinweis:ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene Norddeutschlands