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: Kirchenfern am falschen Platz

sonntags – TV fürs Leben“(So, 9.00 Uhr, ZDF)

Das ZDF modernisiert sich: „Bravo TV“, „Schöneberger-Show“ und jetzt: „sonntags – TV fürs Leben“. Das klingt besser als die Vorgänger-Sendung „Zur Zeit in Kirche und Leben“, die wie für den ZDF-Durchschnitszuschauer (Alter: 58 ) gemacht daherkam. Die Modernisierung gelingt auch – zumindest zur Hälfte.

„Selbst Madonna ist auf einem Wertetrip“, sagt ZDF-Redakteur Reinold Hartmann. Warum nicht dem Trend entgegenkommen? „Weniger kirchennah und aktueller“ soll „TV fürs Leben“ sein. Man arbeitet überkonfessionell daran, die evangelische und die katholische ZDF-Redaktion durfte ihre Sendezeiten zusammenschmeißen und senden jetzt 30 Minuten. Die gewonnene Viertelstunde setzen sie für einen Schwerpunkt ein: „Wasser“ hieß der in der ersten Sendung. Das „Erklärstück“ über dessen religiöse Bedeutung war vom Stil fast Schulfernsehen, der Beitrag über Verteilungskämpfe auf „Auslandsjournal“ getrimmt, das Interview mit dem Weltumsegler Wilfried Erdmann auf Bouldevard gemacht – mit Ausnahme der Frage nach Gott auf hoher See.

Allerdings sorgte der mit riesigen Vorschusslorbeeren ausgestattete Frontmann Gert Scobel für einen kulturmagazinigen Anstrich.

Leider fällt die zweite Sendungshälfte aus wöchentlich wiederkehrenden Rubriken ab. Personen vorzustellen, die anderen helfen, klingt zwar wesentlich langweiliger, als es tatsächlich war. Aber das lag nur an der vorgestellten Person, der ehemaligen Pianistin und heutigen Häftlingsbetreuerin Helga Brachmann. Jede Woche einen so interessanten wie hilfreichen Menschen zu finden, wird schwierig. Am Ende versucht die Sendung dann gleichzeitig lebensweise und humorig zu sein: Der Seelsorger Werner Küstenmacher malt vor der Kamera eine symbolische „Zeithöhle“, in die man sich vor Handyanrufen und Flugzeuglärm zurückziehen soll. Lustig und lebensweise findet das eventuell der Durchschnittszuschauer des ZDF (58). Aber nur der ist auch sonntags um 9 Uhr morgens wach. Für den Moderator und die gute erste Hälfte ist der Sendeplatz eher der falsche.

MAREKE ADEN