Aggressive Verkehrskontrolle

Mit einem Armbruch endete vor 15 Monaten eine offenbar überhart durchgeführte Polizeikontrolle. Die Beamten müssen sich jetzt vor dem Bremer Landgericht verantworten

„Ich dachte, die haben da einen großen Fisch gefangen, so wie die auf den losgegangen sind“

Bremen taz ■ Schwere Anschuldigungen gegen zwei Polizisten, die sich seit gestern vor dem Bremer Landgericht verantworten müssen: Demnach hätten die beiden Beamten einen Mann während einer Verkehrskontrolle in der Innenstadt unnötig und überhart attackiert. Bei diesem Einsatz vom Dezember 2002 war dem Geschädigten ein Arm gebrochen worden, zudem wurde er mit Pfefferspray attackiert.

Unter dem Vorsitz von Richter Helmut Gass schilderten die Beteiligten jetzt ihre Sicht auf den Fall. In einem Kombi mit polnischem Kennzeichen war das Ehepaar T. am zweiten Weihnachtstag vor zwei Jahren unterwegs gewesen, als eine Polizeistreife sie anhielt, angeblich wegen eines auffälligen Fahrstils. Der Jüngere der beiden Beamten, Oliver K., begrüßte die Fahrzeuginsassen mit einem polnischen Gruß und forderte den Kläger auf, seine Papiere vorzuzeigen sowie Verbandskasten und Warndreieck. Während dieses Vorgangs, so die Ehefrau des Klägers, sei vor allen Dingen der Polizist Oliver K. grundlos aggressiv geworden.

„Ich dachte, die haben da einen großen Fisch gefangen, so wie die auf den losgegangen sind“, berichtete eine Augenzeugin. Nach ihren Schilderungen wurde der Kläger mit gefesselten Händen zu Boden geschlagen. Laut den Worten der polnischen Ehefrau des Geschädigten habe ihr Mann laut um Hilfe geschrieen. An sie soll sich der Angeklagte Oliver K. auch mit den Fragen gewandt haben: „Was machen Sie in Deutschland? Wo sind Sie angemeldet?“ Als der Kläger schließlich abgeführt wurde, wurde die Frau ohne Autoschlüssel zurückgelassen, so dass sie zu Fuß den Heimweg antreten musste.

Der Angeklagte Oliver K., seit elf Jahren im Dienst der Polizei, stellte den Sachverhalt ganz anders dar. Nach seinen Ausführungen hatte die polnische Begrüßung besonders freundlich klingen sollen, doch hätte sich sein Gegenüber von Beginn an sehr aggressiv gezeigt. Mit einem Warndreieck sei er vom Kläger angegriffen worden und habe in diesem Zusammenhang auch das Pfefferspray einsetzen müssen, um sich zur Wehr zu setzen. Im Gerangel seien dann sowohl die beiden Beamten als auch der Kläger zu Boden gegangen.

Das Gericht hakte nach, ob sich der Angeklagte Oliver K. nicht die Frage gestellt hätte, warum die angeblich heftige Gegenwehr des Klägers so abrupt endete bei dem Versuch, ihm gewaltsam Handschellen anzulegen. An einen möglichen Armbruch habe er in dieser hitzigen Situation nicht gedacht, entgegnete der Angeklagte. Gegen den 31-jährigen Beamten war Mitte der Neunziger schon einmal wegen Körperverletzung im Amt ermittelt worden. Damals kam es allerdings nicht zu einer Verurteilung, sondern die Anklägerin selbst wurde zivilrechtlich belangt.

Am Freitag soll sich der zweite der am Einsatz beteiligten Polizisten zu den Vorfällen äußern. Der Richter deutete bereits an, dass er die Aussagen der Kläger für sehr glaubwürdig halte. Das Angebot eines Vergleichs – womit der Polizist einer Verurteilung entgehen würde – lehnte die Verteidigung allerdings ab.

Holger Schleper