: Rechtspopulismus ist salonfähig
Das Kölner EL-DE-Haus zeigt ab heute eine Sonderausstellung zum Thema Rechtsextremismus. Detailliert wird geschildert, wie sich Vereine wie etwa „Pro Köln“ einen bürgerlichen Anstrich geben
Von Frank Überall
„Rechtsextremismus gibt es nicht nur am gesellschaftlichen Rand, sondern in weiten Teilen der Gesellschaft“, beschwört Uta Stechemesser vom Jugendclub Courage ihre Zuhörer. Damit bringt sie das auf den Punkt, was ihren Verein bewegt hat, die Ausstellung „Rechts um und ab durch die Mitte? Rechtsextremismus in Deutschland und was man dagegen tun kann“ auf die Beine zu stellen. Ab heute bis zum 12. April ist die Sonderschau im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln am Appellhofplatz zu sehen.
Damit wird sie erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bisher war die 2001 konzipierte und ständig erweiterte Ausstellung nur in Schulen zu sehen. Anhand von Texten und Fotos auf Stellwänden wird die historische Entwicklung rechtsextremer Organisationen kurz veranschaulicht. Ideologische Begriffe werden geklärt, und es gibt Informationen über den Werdegang von Parteien aus dem „ganz rechten“ Spektrum.
Die aktuelle Situation nimmt dabei besonderes großen Raum ein. Bedrückend detailliert wird geschildert, wie Organisationen wie „Pro Köln“ auf Stimmenfang gehen. „Wir wollen entlarven, wie rechtsextreme Vereine versuchen, sich ein bürgerliches Mäntelchen überzustülpen“, erläutert Hans von Loeben vom Jugendclub Courage. Anhand von Porträts werden die wichtigsten Drahtzieher der örtlichen Szene vorgestellt.
Auf anderen Stellwänden setzen sich die Initiatoren der Ausstellung kritisch mit rechtspopulistischen Äußerungen von Politikern auseinander. Manchmal treffen sich die beiden Darstellungswelten – etwa wenn der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers mit dem Kölner Neonazi Axel Reitz abgebildet wird. Der junge Mann soll sich positiv über Rüttgers‘ Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft geäußert haben, heißt es im Begleittext. Der CDU-Politiker habe sich dann wohl mit ihm ablichten lassen, ohne zu wissen, wem er gegenüber steht.
Schüler, die das Kölner NS-Dokumentationszentrum besuchen, haben durch die Sonderausstellung vielfältige neue Möglichkeiten, meint Museumspädagogin Barbara Kirschbaum: „Sie können hier Parallelen zwischen der Geschichte und der Gegenwart ziehen.“ Mit Workshops und Veranstaltungen wird besonders interessierten Gruppen dabei auf die Sprünge geholfen. So wird der türkische Schauspieler Serdar Somuncu am 2. März zu einer Abendveranstaltung erwartet, und Hans-Peter Killguss berichtet am 16. und 17. März über rechte Rockmusik.
Für den Chef der Einrichtung, Werner Jung, ist die Ausstellung in dieser Zeit besonders wichtig. „Wenn Interviews mit ehemaligen Opfern in der Zeitung erscheinen, müssen diese Menschen immer damit rechnen, dass sie von Rechten angerufen werden“, erklärt Jung. „Diese Ausstellung weist jetzt auch jüngere Menschen darauf hin, wie weit der Rechtsextremismus in unserer heutigen Gesellschaft verbreitet ist.“ Als problematisch bezeichnen es alle Beteiligten, dass die Fördermittel für die Aufklärung über diesen Bereich nahezu komplett gestrichen worden seien. Die Forderung von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach einem „Aufstand der Anständigen“ gegen Rechts habe sich „als Luftblase entpuppt“, heißt es auf der Eingangstafel der Sonderausstellung deshalb in resigniertem Ton. „Den großen Worten zur Bekämpfung des Rechtsextremismus folgten wieder einmal keine Taten.“
Die Schau ist zusammen mit der Gedenkstätte und der Dauerausstellung „Köln im Nationalsozialismus“ dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 16 Uhr im EL-DE-Haus zu sehen.