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Archiv-Artikel

Private Jobvermittler kränkeln

Das Kölner „Arbeitsamt“ will die bei der Maatwerk-Pleite wieder arbeitslos Gewordenen und Geprellten zu anderen Personal-Service-Agenturen (PSA) schicken. Auch die schreiben rote Zahlen

Von Ingrid Bäumer

„Ich warte immer noch auf mein Januargehalt.“ Boris Frobel kann nachts schon nicht mehr schlafen. Wovon die Miete bezahlen? Als Tischler hat Frobel für den privaten Jobvermittler Maatwerk gearbeitet, der inzwischen Insolvenz anmeldete. Im letzten August war der Langzeitarbeitslose von der Kölner Agentur für Arbeit (früher „Arbeitsamt“) zu Maatwerk geschickt worden. Das Unternehmen war als Personal Service Agentur (PSA) für die Kölner Agentur für Arbeit tätig.

Am Geschäftsgebaren des Unternehmens fand Frobel zunächst nichts auszusetzen. Erst im Januar ließ die PSA plötzlich nichts mehr von sich hören, gab keine Aufträge mehr – und das, obwohl Frobel vorher gut zu tun gehabt hatte: „Immer mal hier und da ein paar Tage oder Wochen Arbeit, als Monteur für Möbelhäuser oder mal als Security in der Kölnarena“. Auch die Krankenkassenbeiträge für Januar hat Maatwerk offenbar nicht mehr gezahlt. Frobel: „Einige Kollegen haben plötzlich von der Krankenkasse Arztrechnungen zugeschickt gekriegt.“ Wie vielen Arbeitnehmern Maatwerk noch den Lohn schuldet, ist ungeklärt.

Der gelernte Tischler Frobel hat auch noch keine offizielle Kündigung von der PSA in der Tasche. „Maatwerk muss mir noch 1.800 Euro zahlen. Wer weiß, ob ich die je zu sehen bekomme?“ Frobel wandte sich an das Arbeitsamt, forderte von der dortigen Insolvenzkasse den ausgefallenen Verdienst. Man verwies ihn an das Sozialamt. „Das war für die wohl was Neues, weil noch nie eine PSA pleite gegangen ist“, vermutet Frobel. Er ging zum Sozialamt. Dort konnte man ihm nur 100 Euro Überbrückungsgeld anbieten, Sozialhilfe und Wohngeld würden erst Wochen später überwiesen werden.

Boris Frobel leiht sich erst einmal das nötige Geld von Familie und Freunden. Der Kölner Agentur für Arbeit sind laut eigener Aussage die Hände gebunden. Man könne nichts vorstrecken. Und Insolvenzgeld könne erst gezahlt werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, so ein Sprecher der Agentur. Bis dahin dürften gut anderthalb Monate ins Land gehen.

Die Pleite der holländischen Firma Maatwerk war am 16. Februar bekannt geworden. Seither bemüht sich die Kölner Agentur für Arbeit auf anderer Ebene um Schadensbegrenzung: Man will die jetzt wieder arbeitslos Gewordenen zu anderen PSA schicken. Am Donnerstag fand ein Gespräch zwischen den Arbeitslosen, der Agentur für Arbeit und den neun verbliebenen Kölner PSA statt. „Wenn von den ehemals bei Maatwerk Beschäftigten einige bei den anderen PSA nicht angenommen werden, bekommen sie wieder Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe und zusätzlich Bewerbungstraining“, versichert Peter Welters, Geschäftsführer der Kölner Agentur für Arbeit.

Die anderen Kölner PSA sieht Welters im Augenblick nicht gefährdet. „Wir halten ständigen Kontakt und sind so über die aktuelle Lage informiert.“ Die schlechte Konjunktur jedoch mache allen PSA zu schaffen, weil die Unternehmen vor Festeinstellungen zurückschrecken, die eigentlich das Ziel der PSA sind. Auf lange Sicht will Geschäftsführer Welters aber an PSA als Integrationsinstrument für Langzeitarbeitslose festhalten. „Wenn die Konjunktur wieder anspringt, ist Leiharbeit optimal, um Menschen in Beschäftigung zu bringen, die sonst auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben.“ Ab dem zweiten Halbjahr rechnet Welters mit Wachstum und hält sogar ein Hochschrauben der PSA-Kapazitäten für möglich.

Ulf Brockner vom inab PersonalService Köln ist nicht so optimistisch. „Wir schreiben beim PSA-Geschäft rote Zahlen. Wenn der Bereich sich bis Jahresende nicht trägt, geben wir ihn auf.“ Von den 100 Arbeitslosen aus kaufmännischen Berufen, die inab eigentlich vom Arbeitsamt übernehmen sollte, haben nur 53 einen Arbeitsvertrag bekommen. Und von diesen sind wiederum nur Einzelne in feste Beschäftigungsverhältnisse vermittelt worden. „Ein Großteil der Bewerber war nicht qualifiziert genug.“ Im kaufmännischen Bereich sei der Arbeitsmarkt derzeit nicht aufnahmefähig für schwer vermittelbare Arbeitslose. „Wenn es wenig offene Stellen gibt, muss der Bewerber besondere Motivation zeigen und sich gut präsentieren“, so Brockner. „Und da hapert es mitunter.“

Einige PSA haben laut Brockner beim Start 2003 den Fehler gemacht, einfach alle Arbeitslosen vom Arbeitsamt zu akzeptieren. Diese aber müssten durchgängig nach Zeitarbeitstarif entlohnt werden. Wenn die Betriebe keine Arbeitskräfte nachfragten, rausche jede PSA ins Minus, so Brockner. Chancen sieht er allenfalls bei den gewerblichen Berufen. Dort seien Arbeitnehmer leichter vermittelbar, weil sie keine so weitgehende Spezialisierung benötigten. Die Zukunft der Branche sieht Brockner indes anderswo. „Wir planen ein Personalentwicklungsunternehmen. Es soll Arbeitnehmervermittlung, Verleih, Qualifizierung und Unternehmensberatung unter einem Dach anbieten“ – möglichst unabhängig von der Agentur für Arbeit.