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Archiv-Artikel

Der neue Ein-Schalt-Tag

Ab Sonntag flimmert es beim RBB nun einheitlich. Der neue ganzheitliche Regionalsender kommt mit frischem Design daher. Erhalten bleiben nur die getrennten Nachrichten. Eine Reform als Nagelprobe

VON RAINER BRAUN

Der „Schalttag“ soll für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zum Einschalttag werden. Am Sonntag startet die im Mai letzten Jahres fusionierte ARD-Anstalt ihr gemeinsames Regionalfernsehen. Erhalten bleiben vorerst nur die weiterhin getrennt in Berlin und Potsdam produzierten und um 19.30 Uhr ausgestrahlten News-„Flaggschiffe“ „Abendschau“ und „Brandenburg aktuell“. Für das Publikum in der Region heißt es damit Abschied nehmen von bewährten Formaten und Sendern und sich auf Neues einlassen. Für den RBB-Fernsehdirektor Gabriel Heim („ein veritabler Neuanfang“) dürfte das umfangreiche Reformprojekt zur Nagelprobe werden.

Sowohl konzeptionell wie auch finanziell ist das einheitliche Dritte gewissermaßen Programmauftrag des Nachfolgers von SFB und ORB. Will sich der RBB dem Publikum als Sender für Stadt und Land, Metropole und Uckermark empfehlen und den selbst gestellten Anspruch erfüllen, ist ein ansprechendes Programmdesign für alle Milieus der Region Pflicht. Was schon deshalb nicht ganz einfach ist, weil sich die Sehgewohnheiten in Ost- und Westberlin, im „Speckgürtel“ und an den Rändern Brandenburgs immer noch erheblich voneinander unterscheiden.

Finanziell ist die Vereinigung der Standorte Berlin und Potsdam das Gebot der Stunde. Denn mit der Fusion der einstigen ARD-„Armenhäuser“ ORB und SFB ist mit dem RBB im Mai 2003 an sich zwar eine mittelgroße ARD-Anstalt, aber noch lange kein reicher Sender entstanden. Durch das Zusammenschweißen der beiden Regionalsender vermindert die Anstalt perspektivisch die Kosten und bündelt Ressourcen. Statt zweier Kabelplätze wird künftig nur noch einer benötigt.

Die Zusammenlegung von Redaktionen und die Reduzierung von Formaten ist bitter für freie Mitarbeiter, erhöht aber die Eigenproduktionsquote des Senders. Steuerte der SFB mit 28 Prozent Eigenproduktionen und der ORB mit 25 Prozent bislang eher wenig zum Gesamtprogramm bei, so wird der RBB ab dem 29. Februar immerhin knapp ein Drittel des Programms selbst produzieren. Sichtbar soll dies vor allem in der „Kernzeit“ zwischen 18 und 22 Uhr werden. Das Nachmittagsprogramm hingegen wird wie bislang mit Spielfilmen und Hochglanz-Dokumentationen kostengünstig aus dem ARD-Fundus bestritten.

Politisch darf das gemeinsame Dritte, auch wenn die Geschäftsleitung das so nicht sagen mag, auch als Neuanlauf zu einer Länderfusion gesehen werden. Denn die TV-Hochzeit trägt zur wechselseitigen Integration des Publikums bei. Außerdem setzt sie das stetige Zusammenwachsen des regionalen Wirtschaftsraums im Medium Fernsehen um. Hinzu kommt, dass der von der Politik gewollte RBB zumindest Reformwillen erkennen lässt, der anderswo in der ARD nicht eben ausgeprägt ist.

Ist der neue RBB also ein Erfolgsprogramm? Nicht ganz. Schon die Vorläufersender befanden sich seit zwei Jahren im Quotentief. Belegten 2002 ORB und B1 im Spekturm der ARD-Dritten noch gute Mittelplätze – mit Marktanteilen knapp unter 7 Prozent –, so haben RBB Berlin (5,4 Prozent) und RBB Brandenburg (5,3 Prozent) inzwischen den Hessischen Rundfunk als Schlusslicht abgelöst. Daran hat auch die von Fernsehdirektor Heim initiierte Reform des Vorabendprogramms mit „Um 6“ und „ZIBB“ nichts geändert.

Im Gegenteil: Vor allem die Nachrichten-Flaggschiffe büßten Resonanz ein, weil die immer noch konkurrierenden Redaktionen in Berlin und Potsdam sich zeitweise die Themen klauen.

Hinzu kommt, dass die Reform auf mehreren Seiten Verlierer produziert. Das B1-Kinomagazin „Movie“, das im Zuge der Vorabendreform seinen Sendeplatz verlor, wird künftig ganz verschwinden. Ebenso die „Rückblende“. Der Sport ist am Sonntagabend an den Rand des Programms gerückt, was die MacherInnen nicht unbedingt froh stimmt.

Hoffnungen auf etwas Neues, etwa für ein jüngeres Publikum mit anderen Sehgewohnheiten, werden nicht genährt. Zumindest wenig entstaubt kommen die Titel einiger Formate daher: Aus dem „Berliner Platz“ wird „Klipp und klar“, weiterhin moderiert von Andreas Schneider. Der „Wochenmarkt“ kommt künftig als „WAS! wirtschaft arbeit sparen“ daher. Erfreulich ist dagegen, dass „Klartext“ als regionales Politmagazin fortbesteht und Dokumentationen einen prominenten Sendeplatz erhalten.