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Crashen vor dem Fall

HSV-Trainer Kurt Jara will nach dem schwachen 0:0 in Cottbus Unfälle simulieren, um seine Profis zu wecken. So soll der Albtraum einer Nichtteilnahme am UEFA-Cup für den HSV verhindert werden

Vielleicht sage ich dem Busfahrer, er muss mal gegen eine Mauer fahren

von JENS MENDE

Die Sorgenfalten des Hamburger Übungsleiters Kurt Jara sind nach den jüngst vergangenen 90 Spielminuten des 31. Bundesligaspieltages nachvollziehbar. Nicht allein das grimassefördernde 0:0 seines eigenen Teams in Cottbus riss altersfördernde Furchen in sein Gesicht. Umso tiefer wurden sie, als die Ergebnisse der anderen Aspiranten auf die Teilnahme an einem europäischen Pokalwettbewerb bekannt gegeben wurden. Mit einem Sieg beim Tabellenschlusslicht wäre der HSV auf einen Punkt an die drittplatzierten Dortmunder herangekommen.

Stattdessen ließen die Hamburger auch beim praktisch als Absteiger feststehenden FC Energie Cottbus zwei Punkte liegen. Nicht nur die endgültig vergebene Aussicht auf einen Champions-League-Platz, vielmehr die Auswärtsschwäche trieb Jara zur Verzweiflung. „Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken, wie ich die Mannschaft schon vor dem Spiel wecken kann. Vielleicht sage ich dem Busfahrer, er muss jetzt mal vor einem Auswärtsspiel gegen eine Mauer fahren“, meinte der Österreicher. Erst ein Platzverweis für Christian Ledesma (40.) weckte die Gäste, doch einen Sieg brachten sie wieder nicht zustande.

„Wir müssen hier klar gewinnen, ohne Wenn und Aber“, ordnete Sergej Barbarez das 0:0 in Cottbus als Rückschlag ein. „Wir hätten uns absetzen und oben festsetzen können“, begründete der Bosnier seinen Frust. Mit einem Erfolg, der auswärts zuletzt vor über fünf Monaten gelang, wären utopische Träume von der Champions-League plötzlich nicht mehr nur im Fieberwahn möglich gewesen. Mit der fünftschlechtesten Auswärts-Ausbeute der Liga aber muss der HSV jetzt sogar um die Teilnahme am UEFA-Cup bangen. „Es wird sich zeigen, ob diese zwei abgegebenen Punkte noch mehr wehtun“, kommentierte Jara die Nullnummer.

„Bei uns muss immer erst was passieren, ein Gegentor oder ein Ausschluss, erst dann wachen wir auf“, monierte der HSV-Chefcoach. In Cottbus wurde die Gelb-Rote Karte für Ledesma zum „Wachrüttler“ (Jara). Schiedsrichter Knut Kircher hatte dem Argentinier nach 33 Minuten den gelben Karton unter die Nase gehalten, der eigentlich dem Kollegen Bernd Hollerbach gehört hätte. Nach diesem Irrtum brachte schon die erste Verwarnung das Aus für Ledesma.

In Unterzahl erarbeiteten sich die geschickt konternden, aber nicht mit letzter Konsequenz agierenden Hamburger zwar ein paar Chancen von bester Qualität. Doch Bernardo Romeo (55.) scheiterte ebenso am guten Cottbuser Torhüter André Lenz wie Milan Fukal (76.). „Jetzt müssen wir uns wieder auf unsere schönen Heimspiele verlassen“, sagte Barbarez mit Blick auf das Duell gegen Leverkusen am kommenden Samstag. Im Hinspiel am 30. November 2002 gelang der letzte Auswärtssieg (3:2).

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