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Archiv-Artikel

Schattenspiele im Schneegestöber

Hansa Rostock war am Samstag das bessere Bochum. Trotzdem reichte es für den VfL zum Remis und den Sprung auf den vierten Tabellenplatz. Einziger Verlierer des Heimspiels: Die gute Stimmung in Neururers Erfolgstruppe

BOCHUM taz ■ Gut eine Viertelstunde bis zum ersten Torschuss, gar 35 Minuten bis zur ersten Ecke: Fußball ist eine nervige Angelegenheit, wenn es gegen das eigene Spiegelbild geht. Wie beim Solo-Schach gab es zwischen dem VfL Bochum und Hansa Rostock keinen Sieger. Dafür fand sich ein Verlierer: Die Stimmung in Bochums Jubelteam nahm Schaden.

Beispiel eins: Erfolgstrainer Peter Neururer hielt es nicht mehr auf seinem Gartenstuhl. Er rannte zu Wolfgang Funkel, diskutierte mit Rostocks Co-Trainer eine der vielen, wie Neururer später motzte, „eigenartigen Entscheidungen“ des Schiedsrichters Michael Weiner. Dessen „kuriosen“ Pfiffe hätten seinem Team die Aggressivität geraubt. Beispiel Zwei: Für die Bochumer war die Halbzeitpause nach wenigen Minuten beendet, zurück auf dem Platz im Stadion gingen sich Vahid Hashemian und Sunday Oliseh an die Gurgel. Erst eine Rudelbildung beendete das unkollegiale Gezerre. Nach dem Spiel wollten freilich weder Trainer noch Spieler gesehen haben, was sich vor 25.000 Zuschauern abgespielt hatte.

Das angeknackste Nervenkostüm passte zum mühsamen Spiel. Auch wenn zwischen den Vereinen sechs Tabellenränge liegen, auf dem Platz agierten Bochum und Rostock wie das geklonte Gegenüber: Hüben wie drüben lässt die Innenverteidigung wenig Torchancen zu. Mittelfeld und Sturm stören früh das gegnerische Aufbauspiel. Wenn zwei Teams sich so ähneln, entscheidet die Tagesform – und die war nicht mit den Bochumern.

„Das war heute nicht unser Tag“, knirschte Neururer. Auch Kapitän Dariusz Wosz ließ im Kabinentrakt den Kopf hängen, sein Team sei wohl ein „bisschen kaputt“ gewesen. Bochums Mittelfeldrackerer Thomas Zdebel, mit Fouls und vielen Fehlpässen, ließ kein gutes Haar an dem Spiel: „Von der ersten Minute an waren wir nervös“, es gebe so Tage, „wo nichts läuft“. Deprimierter hätten die Bochumer auch eine Niederlage gegen Angstgegner Rostock nicht beschreiben können.

Dass der VfL trotz schlechten Spiels und schlechter Laune auf den vierten Platz vorrückte, verdanken sie der Niederlage von Bayer Leverkusen in Hamburg und dem tadellosen Rein van Duijnhoven. Seit einem halben Jahr gelang Gegnern im Ruhrstadion kein Treffer mehr. Am Samstag wackelte der Rekordversuch des Holländers zwar, doch am Ende freute sich der Keeper über 744 gegentorlose Heimminuten. Auch den einzigen Höhepunkt der konfusen Partie, ein zweifelhafter Elfmeterpfiff für Rostock in der 25. Minute, parierte der Schlussmann, der Nachschuss schepperte an die Latte: „Ich bedanke mich bei Martin Max, dass er mich angeschossen hat.“ Wenigstens bei van Duijnhoven riss die gute Laune nicht. CHRISTOPH SCHURIAN