50 millionen plus x für hanau : Grüne machen mit – solang sie nicht sehr prominent sind
Die Aktion „Hanau selber kaufen“ wird für viele Bundestagsabgeordnete der Grünen zur Plattform, um gegen den atomfreundlichen Wirtschaftskurs der Regierung aufzubegehren. „Unsere Aktion wurde dankbar von den Abgeordneten aufgenommen“, sagte gestern Ute Watermann, Sprecherin der Initiative „Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung“ (IPPNW).
Die IPPNW wollen den Verkauf der Hanauer Atomanlage durch Siemens verhindern, indem sie dem Konzern selbst ein Angebot machen wollen. Die regierende Spitze der Grünen habe bisher allerdings noch keine Reaktion gezeigt. „Für Fischer und Konsorten ist es eben unbequem, wenn wir den Finger in die Wunde legen“, meinte Watermann. Ein derartiges Desinteresse von Seiten der Parteispitze habe sie allerdings noch nie erlebt.
Inzwischen sind Spendenverpflichtungen von über 1.500 Menschen beim IPPNW eingegangen. Sie reichen von 10 Euro des Studenten bis zu 5.000 Euro vom Bundestagsabgeordneten. Eine Gesamtsumme konnte die Initiative gestern noch nicht nennen. Die große Begeisterung für die bisher einzigartige Aktion zeugt nach Ansicht von Watermann von Widerstandswillen gegen den atomfreundlichen Kurs der Bundesregierung. „Die Koalition hat ohne Rücksicht auf Bundestag und die Öffentlichkeit den Verkauf der Atomanlage abgenickt“, so die Sprecherin. „Die Leute reagieren so begeistert auf unsere Spendenaktion, weil sie diese Politik nicht akzeptieren wollen.“
Dennoch ist noch unklar, ob der Siemens-Konzern davon überzeugt werden kann, die Atomanlage nicht an China zu verscherbeln. Selbst wenn es gelingen sollte, die erforderlichen 50 Millionen Euro zu sammeln und ein Angebot zu machen, stehen für die Münchner Firma globalwirtschaftliche Interessen auf dem Spiel. „Siemens will die Eintrittskarte in das chinesische Geschäft“, erklärte Ute Watermann. Und die Regierung stelle sich hinter diese Interessen, die Wirtschaftsbeziehungen mit China über das Wohl der Bevölkerung stellen würden.
Die IPPNW, Friedensnobelpreisträger von 1985, kann sich vor der Flut von Anfragen und Anregungen kaum noch retten. Medieninteresse kam inzwischen aus Ländern wie den USA oder aus Asien. Positiv sieht Watermann vor allem, dass viele Anfragen von Menschen kommen würden, die sich sonst herzlich wenig für Atompolitik interessieren. HANSJÖRG KISSEL