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Archiv-Artikel

Weltrekord im Ausbeuten der Arbeiter

Puma, Nike und Adidas wittern vor Olympia das große Geschäft. Doch dass der neue Schuh oder das hippe Accessoire rechtzeitig auf den Markt kommt, ist nur vermehrtem Druck auf die Zulieferer zu verdanken, sagen NGOs und Gewerkschaften

AUS BERLIN ANNETTE JENSEN

Olympia-Jahre sind gute Jahre für die Sportindustrie: Springende und rennende Menschen im Fernsehen regen die Zuschauer an, neue Sportklamotten zu kaufen. So erwartet die Industrie wegen der Spiele dieses Jahr steigende Einnahmen – nach 58 Milliarden Dollar im vorletzten Jahr. Oxfam, die Kampagne für saubere Kleidung und internationale Gewerkschaften, rief das Internationale Olympische Komitee und Firmen wie Puma, Nike und Adidas auf, „sauber“ zu produzieren. „Play Fair at the Olympics“ heißt die Kampagne.

Denn: Während Umsätze und Gewinne ständig steigen, sinken die Löhne für die Arbeiter. Das belegt ein Report, den die Kampagnenmacher gestern veröffentlicht haben. So berichtet ein Hersteller von Sportartikeln aus Honduras, dass die Abnahmepreise in den vergangenen drei Jahren um 23 Prozent gesunken sind. Längerfristige Lieferbindungen sind selten geworden. Der Auftrag geht an den weltweit Billigsten und Schnellsten.

Adidas verfolgt beispielsweise das Ziel, die Zeit zwischen Entwurf und Auslieferung von Sportklamotten von 120 auf 90 Tage zu verkürzen. Näherinnen sind damit gezwungen, unmenschlich lang zu arbeiten. Vor allem in China, wo es keine freien Gewerkschaften gibt, müssen die ArbeiterInnen in Stoßzeiten 16 bis 18 Stunden am Tag schuften – manchmal sieben Tage die Woche. Wie die AutorInnen der Studie herausfanden, werden diejenigen, die Überstunden verweigern oder in Spitzenzeiten kündigen, mit Strafgebühren oder völligem Lohnverlust belegt. In Flautezeiten erhalten sie dagegen manchmal nicht mal den staatlichen Mindestlohn von umgerechnet 41 Dollar.

Damit es keinen Ärger mit den Sportkonzernen gibt – schließlich haben fast alle zur Beruhigung der Kundschaft einen Verhaltenskodex verabschiedet, den sie von den Lieferanten unterschreiben lassen –, fälschen die Zulieferfirmen schon mal ihre Lohnrollen. Außerdem weisen einige ihre ArbeiterInnen an, bei Kontrollen durch die Auftraggeber falsche Angaben zu machen.

Während der Olympischen Spiele geben sich die Sportkonzerne dann gerne philanthropisch. So wird Adidas die Olympia-Uniformen in Athen sponsern – und kann mit einem Absatz rechnen, der die Kosten für das Engagement schnell wieder einspielt. Die kanadische Firma Roots verzeichnete während der Winterspiele in Salt Lake City ein Umsatzplus von 25 Millionen Dollar. Sie hatte die britische, kanadische und US-amerikanische Mannschaft ausgestattet.

Auch sonst lassen sich die Firmen Werbung und Marketing viel kosten: Nike gab im Jahr 2002 über eine Milliarde Euro aus und Adidas war mit 775 Millionen dabei. Allein der britische Fußballstar David Beckham kassiert für seinen Adidas-Vertrag auf Lebenszeit 161 Millionen Dollar. Dafür müsste eine Arbeiterin in einer chinesischen Fabrik über 325.000 Jahre arbeiten – vorausgesetzt, sie wird nicht noch um ihren Mindestlohn geprellt.