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Archiv-Artikel

Ein neuer Konsens für die Ausbildung

Sie können zwar nicht jedem eine Lehrstelle versprechen. Aber dafür wollen Senat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Markt für Azubis effizienter gestalten. Ausnahmsweise darf Berlin dabei bundesweit in die Vorreiterrolle schlüpfen

Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagentur haben sich im Roten Rathaus auf einen Ausbildungskonsens verständigt, um für alle Schulabgänger die Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, zu erhöhen. Der Markt für Ausbildungsplätze soll effizienter gestaltet werden. Herzstück des Konsenses sind die so genannten Qualifikationsbausteine. Sie werden von der Industrie und Handelskammer sowie der Handwerkskammer zum neuen Ausbildungsjahr in ganz Berlin angeboten.

Schulabgängern ohne Abschluss können in dem sechsmonatigen Qualifizierungslehrgang Teile eines späteren Ausbildungsgangs erlernen. Drei Monate verbringen sie in einem Betrieb, den Rest der Zeit in Schulungen der Arbeitsagentur. Die Teilausbildung kann in einem späteren echten Ausbildungsverhältnis angerechnet werden. Bis Ende des Jahres sollen bis zu 200 Jugendliche davon profitieren. Berlin wird bei der Umsetzung des bundesweiten Projektes Vorreiter sein.

Die Berliner Arbeitsagentur will zeitgleich mit gezielten Beratungsangeboten für Azubis, Berufsschulen und Betrieben die Zahl der Ausbildungsabbrüche reduzieren. Ziel ist, schon in den ersten zwei bis sechs Wochen der Ausbildung aufkommende Streitigkeiten zu vermeiden oder zu schlichten. Die Konfliktberater sollen bei der IHK und der Handwerkskammer stationiert werden. Gut zehn Prozent aller Ausbildungen werden in Berlin innerhalb der ersten sechs Monate vorzeitig beendet.

Frei werdende Ausbildungsstellen will die Agentur in Zukunft innerhalb von drei Wochen neu besetzen. Außerdem soll jeder bei der Arbeitsagentur gemeldete Schulabgänger einem Profiling unterzogen werden, damit die Arbeitsvermittler sich einen schnelleren Überblick über seine Fähigkeiten machen können. Freie Stellen könnten so zielgenauer besetzt werden, sagte Margit Haupt-Koopmann von der Arbeitsagentur nach der ersten Sitzung der Sonderkommission Ausbildung in diesem Jahr.

Der Senat will seine Mittel für außerbetriebliche Ausbildung trotz Haushaltsnotlage nicht kürzen und weiter 55 Millionen Euro jährlich dafür ausgeben. Mit dem Geld werden 7.400 Ausbildungen finanziert. Ein Großteil fließt in das Bund-Länder-Sonderprogramm. 2.200 Stellen werden in der „Modularen Dualen Qualifizierungsmaßnahme“ (MDQM) bereitgestellt; ein Angebot, das sich – wie auch die Qualifizierungsbausteine – vor allem an schwer vermittelbare Jugendliche richtet. THORSTEN DENKLER