Raus aus dem Höllenleben

Zum Internationalen Frauentag erinnert der Kölner „Notruf für vergewaltigte Frauen“ mit einer Filmvorführung an seine Arbeit – und sucht neue Unterstützer

KÖLN taz ■ Die Kölner Initiative „Notruf für vergewaltigte Frauen“ arbeitet sonst eher im Hintergrund. Jetzt geht sie in die Öffentlichkeit, um für ihr Anliegen zu werben. Am Samstag zeigte sie im Filmhaus aus Anlass des Internationalen Frauentages den Dokumentarfilm „Höllenleben“, der drastisch vor Augen führt, wofür der Notruf gut ist.

Der Film erzählt vom Schicksal einer Frau namens „Nicki“, die in ihrer Kindheit und Jugend Opfer sexueller Gewalt wurde. Ihre Eltern gehörten einer satanistischen Sekte an und missbrauchten ihre Kinder für ihren Kult. „Nicki“ entwickelte eine multiple Persönlichkeit, denn anders konnte sie ihre schrecklichen Kindheitserlebnisse nicht verarbeiten. Der Film verfolgt mit „Nicki“ und den Personen, die in ihr leben, die Spuren der an ihr begangenen Verbrechen. Am Ende des Films steht der Gang zur Polizei mit einer Rechtsanwältin im Jahr 2001, als „Nicki“ ihre Eltern anzeigt. In der Diskussion nach dem Film erzählt sie, dass das Verfahren bis heute läuft, ohne dass Polizei und Staatsanwaltschaft je besonders aktiv gewesen wären. Offenbar sei für sie die Aufklärung von Straftaten, die 30 Jahre zurück liegen, nicht sonderlich dringend, vermutet „Nicky“.

Was aber bezweckt der Notruf mit diesem Film? Anette Hehl erklärt der taz: „Wir wollen auf die Hintergründe und das Ausmaß sexualisierter Gewalt hinzuweisen, damit das nicht ignoriert wird. Und wir wollen Frauen auf dem Weg der Bewältigung unterstützen.“ Der Notruf konnte bereits voriges Jahr im September sein 25-jähriges Jubiläum feiern. Die acht aktiven Mitglieder arbeiten unbezahlt. „Die Schwerpunkte unserer Tätigkeit sind Öffentlichkeitsarbeit und Beratung“, sagt eine andere Aktivistin. Die Notruf-Mitarbeiterinnen begleiten Frauen zu Polizei und Gericht, helfen bei der Suche nach Rechtsanwältinnen und Therapeutinnen und sitzen mit im kommunalen Arbeitskreis, der die Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes überwacht.

In erster Linie aber bietet der Notruf Frauen die Möglichkeit zum Gespräch – anonym am Telefon und „face to face“. Etwa 100 Anfragen erreichen den Notruf jährlich. Früher bot er Therapiegruppen mit professionellen Therapeutinnen an. Dies wurde inzwischen aus finanziellen Gründen eingestellt. „Uns fehlt Geld“, stellt Hehl nüchtern fest, „denn in letzter Zeit sind viele Spenderinnen und Spender abgesprungen oder haben ihre Zahlungen reduziert, etwa weil sie arbeitslos geworden sind. Deswegen suchen wir neue Unterstützung für unsere Arbeit.“ Die mit etwa 70 Leuten besuchte Veranstaltung am Samstag zeigte, dass Interesse besteht. Andreas Bodden

Tel. 0221/56 20 35Email: mailbox@notruf-koeln.de