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Archiv-Artikel

Revolutionäre Zelle

Norddeutsche Affinerie bereitet Produktion von Solarzellen am laufenden Band vor. Mit ihrem bewährten Galvanisierungsverfahren will sie so die Herstellungskosten für die Zellen auf die Hälfte senken

von GERNOT KNÖDLER

Auf der Veddel bereitet sich derzeit eine Revolution der Versorgung mit Sonnenstrom vor. Die Norddeutsche Affinerie (NA) entwickelt eine Sonnenzelle, die auf Kupferbasis in einem einfachen Verfahren am laufenden Meter hergestellt werden kann, so dass die Produktionskosten auf die Hälfte sinken können – allerdings bei deutlich geringerem Wirkungsgrad als bei herkömmlichen Solarzellen. Die neue Zelle auf der Basis von Kupferfolie ist biegsam und so dünn, dass sie sogar in Kleidung eingebaut werden kann. „Wir haben einen gut funktionsfähigen Laborprototyp“, sagt Firmensprecherin Michaela Hessling. Jetzt sucht „die Affi“ Partner, um in drei Jahren mit der Produktion beginnen zu können.

Der neue Typ von Sonnenzelle passt zur Affi wie die Faust aufs Auge: Statt in einem aufwändigen Prozess hochreines Silicium zu produzieren, das dann gezielt verunreinigt wird, um einen Halbleiter für die Solarzelle zu erhalten, beschichtet die Affi Kupferband mit einer zwei tausendstel Millimeter dünnen Halbleiterschicht aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIS). „Wir produzieren einen Halbleiter mit ganz konventionellen Verfahren“, sagt Adalbert Lossin, der Forschungsleiter der NA.

Im Gegensatz zu anderen Dünnschicht-Verfahren (siehe Kasten) ist auch dieses Beschichtungsverfahren einfach: Es benötigt keine Vakuumkammer, in der Atome aus einem Material herausgeschlagen werden um damit das Trägermaterial der Zelle zu beschichten. Stattdessen wird das Kupferband von Rolle zu Rolle durch ein Elektrolysebad gezogen und mit dem CIS galvanisiert. „Das ist ein Prozess, den wir aus dem Effeff beherrschen“, sagt Hessling. Denn das Gewinnen hochreinen Kupfers, das Hauptgeschäft der Affi, funktioniert nach dem gleichen Prinzip.

Das galvanisierte Kupferband, dessen Unterseite einen Pluspol und dessen Oberseiten einen Minuspol bilden, wird zerschnitten. Die Streifen werden wie Schindeln überlappend nebeneinander gelegt. Auf diese Weise lassen sich beliebig große Flächen erzeugen, die mit Schutz und Anti-Reflexions-Schichten zu Solarmodulen laminiert werden.

Mit dem einfachen Herstellungsverfahren will Lossin den Preis einer solchen Solarzelle unter einen Euro pro Watt Spitzenleistung drücken. Herkömmliche Silicium-Solarzellen kosten rund das Doppelte. Zugleich sind die Zellen der Affi 80 Prozent leichter als herkömmliche Solarzellen. Sie können jeder Form angepasst und direkt auf Dächer geklebt oder auf Sonnenkollektoren laminiert werden. Dadurch könnte ein Modul Strom und Wärme erzeugen.

„Wenn man das einfach auf die Dachhaut aufkleben kann, ist das eine billige Sache“, bestätigt Georg Scholz von der Firma ad fontes Solartechnik in Altona. Herkömmliche Solarmodule müssten allerdings in einem optimalen Winkel zur Sonne aufgestellt werden. Wenn die neuen Zellen so günstig werden wie versprochen, könnte man darauf möglicherweise verzichten. Kostspielige Aufständerungen würden sich erübrigen.

Die neuen Solarzellen werden von der Firma CIS-Solartechnik entwickelt, an der verschiedene Forschungsinstitute und die Affi als Kapitalgeber beteiligt ist. Seit 2000 hat die Kupferhütte vier Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Bis 2007 will sie weitere fünf Millionen investieren.