: Kopftuchdebatte legt Partisanen lahm
Zwei Alt-68er haben sich in die Haare gekriegt. Einer der beiden schaltete daher das von ihnen betriebene Partisan.net ab. Viele linke Projekte offline
VON PETER NOWAK
„Parmesan und Partisan, wo sind sie geblieben, Partisan und Parmesan, alles wird zerrieben“, dichtete einst Matthias Beltz. Für die Berliner Partisanen wurde nun nicht mal eine staatlich repressive Käsereibe benötigt, es reichte ein hochemotional besetztes Stück Stoff: Nach heftiger Debatte um das islamische Kopftuch schaltete der Inhaber von www.partisan.net vor wenigen Tagen die Internetseite selber ab.
So unterschiedliche linke Projekte und Initiativen wie die „Antifaschistische Gruppe im Prenzlauer Berg“, der Aurora-Buchversand, die „Initiative gegen das Chipkartensystem“ oder auch „Maos Werke in deutscher Sprache“ fanden sich auf der von den Alt-68ern Karl-Heinz Schubert und Günther Langer initiierten Seite. Langer, der bei Partisan.net für die SDS-Homepage verantwortlich war, löschte die bei Network Solution in den USA eingetragene Domain.
Denn Langer und Schubert haben sich zerstritten. Die politische Entfremdung der beiden langjährigen politischen Weggefährten habe nach den Anschlägen am 11. September 2001 in den USA begonnen, so Schubert. Langer warnte in seinen Texten zunehmend vor der Gefahr des Islamismus. Den sah er auch in Gestalt der kopftuchtragenden Lehrerin Fereshta Ludin am Werk, die er in die Nähe von Ussama Bin Laden rückte.
Vor einigen Monaten war Langer Mitverfasser eines offenen Briefes, in dem gefordert wurden, dass sich MigrantInnen zum Grundgesetz bekennen müssen, wenn sie in Deutschland leben wollen. Das führte zu heftiger Kritik anderer NutzerInnen des Partisan.net. Sie sprachen von einem Backlash und warnten vor einer rassistischen Kampagne in linkem Gewand. Langer mahnte die KritikerInnen ab und forderte sie auf, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen, wenn sie weiterhin ihre Texte bei Partisan.net veröffentlichen wollten. Daraufhin eskalierte der Streit. Schubert sperrte zunächst die Langer-Texte, der revanchierte sich wenige Tage später mit der Lösung der gesamten Seite. Schubert sieht darin einen „widerrechtlichen Diebstahl der Homepage“ und hofft so schnell wie möglich an die Zugangscodes zu kommen um die Seite wieder online zu stellen. Das ist auch das Interesse der zahlreichen HomepagenutzerInnen, die sich durch die Löschung massiv in ihrer Arbeit behindert sehen.
Die beiden seit der APO-Zeit politisch aktiven Berliner Lehrer Langer und Schubert hatten schon früh das Internet für die politische Kommunikation entdeckt, weil sie selber von Zensurmaßnahmen betroffen waren. Die von ihnen im Rahmen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) herausgegebene Zeitung trend war der Gewerkschaftsbürokratie zu frech und unabhängig und wurde von ihr 1994 eingestellt. Sie existierte fortan weiter als „Onlinezeitung für die tägliche Wut“, so die Selbstbezeichnung.
Zunächst war sie bei dem Server Berlin.net gehostet. Nachdem es auch dort zu politischen Unstimmigkeiten kamen, wurde Partisan.net 1998 als strömungsübergreifende, basisdemokratische linke Internetplattform gegründet. Verschiedenen Projekten sollte so die Möglichkeit gegeben werden, sich im Internet zu präsentieren.
Schon ein Jahr später war es zum ersten – auch juristisch ausgetragenen – Streit unter den NutzerInnen des Internetports gekommen. Anlass waren Texte des ehemaligen APO-Aktivisten Bernd Rabehl, die eine Initiative ins Netz stellte. Der aber hatte inzwischen sein nationales Coming-out und war als Interviewpartner und Autor der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit für viele der PartisanInnen nicht mehr tragbar.